Unternehmensberater selbst ausbilden

(Dieser Artikel erschien zuerst im Sparkasse Managermagazin am 18.07.2018)

Alle Sparkassen reden von der immensen Bedeutung der Digitalisierung. Doch nicht alle Häuser sind bereit, dafür Kapazitäten zur Verfügung zu stellen. Sinnvoll ist es, geeignete Mitarbeiter freizustellen, die sich hauptamtlich um digitale Themen kümmern.

Digitalisierung zu meistern bedeutet, die aktuellen Trends und die Veränderungen im Kundenverhalten zu erkennen, darauf zu reagieren und gleichzeitig Maßnahmen zu entwickeln, die die Sparkasse auf den Weg in eine erfolgreiche Zukunft bringen. Kann dies mit den aktuell eingesetzten Kapazitäten gelingen?

In den meisten Sparkassen ist die Verantwortung für die digitalen Vertriebskanäle im Vertriebsmanagement angesiedelt. Der sogenannte mediale Vertrieb besteht aus Mitarbeitern, die sich sowohl um die Internet-Filiale als auch um die digitalen Trends kümmern. Meist sind sie aber mit den Themen, die die eigene Internet-Filiale betreffen, vollkommen ausgelastet. Somit haben sie keinerlei Möglichkeiten und Zeit, sich damit zu beschäftigen, welche digitalen Trends aktuell die Sparkasse betreffen, geschweige denn, sich Maßnahmen auszudenken, wie die Sparkasse darauf reagieren kann.

Eine Möglichkeit, die Digitalisierung der Sparkasse stärker voranzutreiben, liegt in der Implementierung von Digitalisierungsbeauftragten. Dabei handelt es sich um freigestellte Mitarbeiter, die sich hauptamtlich um digitale Themen kümmern. Im Idealfall ist das ein Team von Mitarbeitern unterschiedlicher Funktionsstufen und aus unterschiedlichen Abteilungen. Das Optimum wäre ein Team von fünf bis sieben Leuten, die sich ausschließlich um die Transformation der Sparkasse hin zu einem kundenzentrierten Finanzdienstleister kümmern. Daraus resultieren zwei Aufgabenschwerpunkte: zum einen, die interne Aufstellung aus Kundensicht stark zu hinterfragen und Maßnahmen zu entwickeln, um sie kundenorientierter auszurichten; zum anderen, die Mitarbeiter der verschiedenen Abteilungen dabei zu begleiten, ihre Bereiche digitaler zu gestalten und die übergreifenden Maßnahmen nachhaltig umzusetzen.
Durch die verschiedenen Blickwinkel würde eine sehr befruchtende Diskussion in der Sparkasse angeregt. Bereits heute verfügen einige Sparkassen über Digitalisierungsbeauftragte. Diese sind aber meist damit beschäftigt, Schulungen zu den aktuell verfügbaren Apps und Technologien der Sparkassen-Finanzgruppe durchzuführen. Die hier in Rede stehenden Digitalisierungsbeauftragten gleichen aber eher Unternehmensberatern als reinen Technikfreaks.
Die Einführung von Digitalisierungsbeauftragten erscheint erst mal als große Kapazitätsinvestition. Bei genauerer Betrachtung erkennt man aber, dass genug Kapazitätsspielräume vorhanden sind. Dies bestätigen aktuelle Pares-Kompakt-Erhebungen.
Diese Kapazitätsüberhänge gilt es jetzt zu nutzen, um das Kundengeschäft von morgen zu gestalten und somit auch die Zukunftsfähigkeit der Sparkasse zu stärken. Dabei sollten die benannten Digitalisierungsbotschafter nicht ausschließlich aus den Mitarbeitern rekrutiert werden, auf die einzelne Abteilungen aufgrund ihrer Arbeitsleistung gut verzichten können. Für diese Aufgabe braucht es vor allem Mut und Entschlossenheit. Daher sollten motivierte und sich selbstständig bewerbende Mitarbeiter unterschiedlichen Alters gewählt werden. Die Aufgabe der Digitalisierungsbeauftragten teilt sich dabei in drei Teile:
• Transformation der Sparkasse
• Transformation des bisherigen Arbeitsplatzes
• Transformation der Einstellung der Mitarbeiter

Transformation der Sparkasse

Eine der Hauptaufgaben der Digitalisierungsbeauftragten ist es, bestehende Strukturen, Abläufe und Prozesse strikt zu hinterfragen und aus dem Blickwinkel der Kunden neu zu denken. Digitalisierung heißt vor allem, kundenorientierter und schneller zu werden. Hier bietet die Kombination von Kundenreisen mit Ansätzen des Design Thinking eine wunderbare Möglichkeit, die Sparkasse kundenorientierter aufzustellen.

Anhand der Kundenprofile aus der Vertriebsstrategie der Zukunft werden die verschiedenen Kundenbedürfnisse wie „Ich will eine Immobilie kaufen“ analysiert, ideale Kundenreisen designt und durch Abgleich mit den Ist-Prozessen Maßnahmen abgeleitet, wie die Sparkasse eine stärkere Kundenorientierung durch veränderte Prozesse leben kann. Die Digitalisierungsbeauftragten haben hier die Aufgabe, anhand von Kundenreisen zu evaluieren, in welchen Bereichen die Sparkasse sich verändern muss, welche Prozesse strikt vereinfacht werden müssen und welche Ablauforganisation hierfür notwendig ist. Da sie aus verschiedenen Bereichen kommen, haben sie die Möglichkeit, die Effizienz in den internen Abteilungen stark zu heben. Anhand sogenannter Abteilungsreisen analysieren sie die internen Abläufe der Abteilungen und stellen so die interne Organisation auf den Prüfstand. Dadurch werden die Mitarbeiter des Digitalisierungsteams für Unternehmensberatung aus dem Haus fürs Haus genutzt. Hauptaufgaben der Digitalisierungsbeauftragten sind somit die Erhöhung der internen Effizienz und gleichzeitig ein verbessertes Kundenerlebnis.

Transformation des bisherigen Arbeitsplatzes

Die Mitglieder des Digitalisierungsteams verfügen über Einblicke in ihre bisherige Arbeitsumgebung. Daher bildet diese einen idealen Startpunkt für Veränderungen. Dazu werden Abteilungsreisen in der Abteilung durchgeführt, in der der jeweilige Mitarbeiter bisher eingesetzt war. Dadurch entstehen schnelle Erfolge, und gleichzeitig kann der Mitarbeiter seine Fähigkeiten als künftiger Unternehmensberater in seinem gewohnten Umfeld schärfen und trainieren. Nach der Optimierung des eigenen Arbeitsplatzes und der Freistellung von diesem kümmern sich die Mitarbeiter um die Transformation in den verbleibenden Abteilungen und Gruppen der Sparkasse.

Transformation der Einstellung der Mitarbeiter

Der wichtigste Punkt im Aufgabenportfolio der Digitalisierungsbeauftragten ist die Veränderung der gesamten Unternehmenskultur. Die Sparkassen, denen es gelingt, künftig alle Prozesse, Aufgaben und Abläufe aus Kundensicht zu denken, sind die Sparkassen, die auch künftig noch Relevanz am Markt haben werden. Digitalisierung bedeutet weniger, den technologischen Wandel zu vollziehen – dieser wird durch die Veränderungen der Finanz Informatik federführend vorangetrieben. Vielmehr sind die Sparkassen dazu aufgerufen, in allen Bereichen deutlich kundenorientierter zu werden, als sie es heute sind. Auch heute noch ist es bei Sparkassen notwendig, diverse Termine für Kleinigkeiten wahrzunehmen, die man bei Wettbewerbern schon im Internet auslösen kann. Daher liegt das Hauptaugenmerk der Digitalisierungsbeauftragten darauf, die Sparkasse durch eine effiziente interne Aufstellung deutlich kundenorientierter zu machen.

So werden zum einen Kapazitäten frei, Kunden gemäß ihren Bedürfnissen zu betreuen, aber zum anderen werden eben auch interne Abläufe und Prozesse deutlich schneller. Vorstandssitzungen, die wochenlang vorbereitet werden, oder Entscheidungen über neue Prozesse, die fast monatelang dauern, gehören endgültig der Vergangenheit an. Die Zusammenarbeit in der Sparkasse verändert sich so von einer zuständigkeitsorientierten und eher behördlich anmutenden Organisation hin zu einer Kultur des Miteinanders. So bleibt die Sparkasse auch künftig relevant und gegenüber dem Wettbewerb stark aufgestellt. Wichtig ist es hier, die Mitglieder des Digitalisierungsteams vor allem danach auszusuchen, wie hoch ihre Veränderungsbereitschaft und Lust ist, Menschen und die gesamte Sparkasse zu bewegen.
Ein Mix aus unterschiedlichen Charakteren macht hier das Gesamtbild komplett. Sie brauchen Menschen, die auf der einen Seite innovativ denken und handeln und sich empathisch in die Kundensituation hineinversetzen können. Zum anderen benötigen Sie Mitarbeiter, die den Mut haben, auch kritische Themen, die vielleicht früher Tabuthemen waren, oder neue innovative Lösungen anzusprechen, konsequent vorzuschlagen und auch bei „Gegenwind“ weiterzuverfolgen. Die Digitalisierungsbeauftragten werden somit zu einem perfekten Temperaturanzeiger für die Veränderungsbereitschaft der Sparkasse und sind gleichzeitig der Garant dafür, dass die Sparkasse auch künftig wettbewerbskonform und vor allem stark im Wettbewerb positioniert ist.
Aus diesen Gründen empfehle ich allen Sparkassen, sich intensiv damit zu beschäftigen, Digitalisierungsbeauftragte einzuführen und vor allem neben der wichtigen Personalauswahl darauf zu achten, dass diese Mitarbeiter mit den notwendigen Fertigkeiten und Kompetenzen ausgestattet sind. Denn die Verantwortung für die erfolgreiche Transformation tragen alle gemeinsam, die Digitalisierungsbeauftragten unterstützen den Wandel aber. Im Idealfall werden diese Mitarbeiter durch externe Schulungen in den Fertigkeiten und Tools eines Unternehmensberaters ausgebildet, um diese für die Sparkasse nutzbar zu machen. Fangen Sie am besten heute noch damit an – es geht um nicht weniger als Ihre Zukunft.

Über den Autor: Prof. Dr. Jürgen Weimann

Dr. Jürgen Weimann ist einer der führenden Managementberater für Zukunftsfähigkeit durch wirkungsvolle Führung und kompromisslose Kundenzentrierung mit Schwerpunkt im Sparkassen Consulting & Bank Beratung.

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