N26 – Jäger oder Gejagter?

N26 vs. Sparkasse

Anfang Juni veröffentlichte N26 den 1 millionsten Kunden gewonnen zu haben. In den letzten neun Monaten gelang es somit die Kundenanzahl zu verdoppeln. Eine beachtliche Wachstumsstory. Daher vergeht keine Tagung oder Konferenz, wo nicht über N26 gesprochen wird. Gerade weil der Gegenentwurf der S-Finanzgruppe YOMO sich nicht auch nur annähernd so entwickelt wie N26. Darüber können auch Aussagen, wie z.B. von Herrn Dr. Schmalzl „Ich weiß, dass N26 durchaus Respekt vor YOMO hat.“ nicht hinwegtäuschen. Was bedeutet die Entwicklung von N26 somit für die S-Finanzgruppe?

Bisher gelang es N26 nicht nur eine beachtliche Anzahl an Kunden zu gewinnen, sondern mit rund 215 Millionen eingesammelten Kapital die Investoren von ihrer Vision zu überzeugen. Zum Bilanzstichtag im Jahr 2016 lag die Bilanzsumme der N26 Bank GmbH bei rund 152 Mio. € und somit nur knapp über der Bilanzsumme der aktuell kleinsten Sparkasse Bad Sachsa. Vergleicht man einige wenige Zahlen der S-Finanzgruppe mit denen von N26, wird schnell klar, rein objektiv gibt es keinerlei Grund um Angst vor dem Jäger zu haben:

  N26 Sparkassen-Finanzgruppe
Bilanzsumme 152 Mio. € 1.173 Mrd. €
Mitarbeiter 380 224.700
Girokonten 1 Mio. (international) 47 Mio. (national)
Ergebnis 2016 -14,7 Mio € 1,69 Mrd. €

 

Natürlich ist der Vergleich unfair, da ein sich neu am Markt etablierendes Unternehmen, mit dem Marktführer verglichen wird, der bereits seit über 100 Jahren am Markt agiert.Gleichzeitig zeichnen diese Zahlen ein trauriges Bild des Marktführers – ein paar Gedanken:

  • Besseres Erlebnis: Wie kann es sein, dass es einer signifikant kleineren Bank gelingt, die -in meinen Augen- intuitivste und kundenfreundlichste App der gesamten Bankenlandschaft in Deutschland zu entwickeln und gleichzeitig den besten Eröffnungsprozess designt zu haben?
  • Keine Antwort: Was sagt diese Situation über die Geschwindigkeit, Abläufe und Strukturen des Marktführers, wenn es bis dato noch nicht gelungen ist, etwas adäquates dagegen zu setzen?
  • Kundennähe: Warum versteht N26 offenkundig die Bedürfnisse einer Kundengruppe der Sparkassen-Finanzgruppe deutlich besser, obwohl Kundennähe ein zentraler Bestandteil der Marke Sparkasse sein soll?
  • Regulatorik: Während zahlreiche Vorstände von Sparkassen nicht müde werden, über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen zu stöhnen, wie gelingt es N26 ohne Unterstützung eines Dachverbands, oder Regionalverbänden die regulatorischen Anforderungen mit einer deutlich geringen Anzahl an Mitarbeitern zu meistern?

Betrachtet man die Dienstleistung von N26 genau, dann hat N26 bisher nicht das Bankgeschäft von morgen erfunden. Im Kern ist es -zumindest heute noch- ein Girokonto verbunden mit einer Kreditkarte. Somit für Kunden mit einem anspruchsvolleren Bedürfnis an Finanzdienstleistung, bisher nur eine Zweitlösung. Doch durch eine auf den Kunden ausgerichtete App, einem Plattformverständnis von Banking und einer hohen Effizienz gelingt es N26 trotzdem, von sich reden zu machen. Etwas, was YOMO bisher noch nicht gelungen ist. Doch wie sähe die Situation aus, wenn Einigkeit und Entschlossenheit in der S-Finanzgruppe herrschen würde. An Liquidität und Kapazität mangelt es nicht, zumindest in Deutschland ist jeder von N26 gewonnene Kunde eine Schande für die Sparkassen-Finanzgruppe, weil er ein Zeichen vom Verschlafen der Zukunft ist. Es wird Zeit für Vorstände, Verbände und Gremienvertreter aufzuwachen, von N26 zu lernen und vor allem zu handeln, dann würde der Jäger ganz schnell -mindestens vom deutschen Markt- verschwinden bzw. es signifikant schwerer haben.

Über den Autor: Prof. Dr. Jürgen Weimann

Dr. Jürgen Weimann ist einer der führenden Managementberater für Zukunftsfähigkeit durch wirkungsvolle Führung und kompromisslose Kundenzentrierung mit Schwerpunkt im Sparkassen Consulting & Bank Beratung.

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