Der Neubeginn des Vertriebsmanagements

Vertriebsmanagement, wie es aktuell in vielen Sparkassen und Banken gelebt wird, ist nicht mehr zeitgemäß. Der Gedanke, dass die einen steuern und die anderen umsetzen, kommt in vielerlei Hinsicht immer mehr an seine Grenzen. Mauern entstehen ebenso schnell wie gegenseitige Fingerzeige – und vor allem bleiben die gemeinsamen Erfolge aus. Lassen Sie uns Vertriebsmanagement in Teilen neu denken.

Die Entwicklung des Vertriebsmanagements ist von zentraler Bedeutung für den vertrieblichen Erfolg in Kreditinstituten. Entstanden aus den Marketing- und Kommunikationsabteilungen, umfasst Vertriebsmanagement heute eine Vielzahl an Aufgabenstellungen, die den Vertrieb erfolgreich machen sollen, vor allem das Produkt- und Kampagnenmanagement, die strategische Verantwortung für die Vertriebswege und den Marketing-Mix für alle Ansprache- und Vertriebswege. Moderne Vertriebsmanagements beinhalten außerdem das Datenmanagement und Data Analytics. Nicht nur die Aufgabenbereiche haben sich in den letzten Jahren massiv gewandelt, sondern auch das Kundengeschäft als solches. Kundinnen und Kunden haben sich verändert, der Vertriebsweg Internet und App ist enorm gewachsen, die Vertriebsziele sind signifikant gestiegen und das Geschäftsmodell einer klassischen Sparkasse und Bank steht unter massivem Veränderungsdruck. Gleichzeitig haben sich die Strukturen und die Vorgehensweisen innerhalb des Vertriebsmanagements nur selten signifikant verändert.

Beim Aufbau eines Vertriebsmanagements wird häufig die Frage diskutiert: Welche strategische Positionierung hat das Vertriebsmanagement? Soll dieser Bereich als Unterstützer der Vertriebsbereiche oder eher als aktiver Steuerer dieser Bereiche agieren? Allein diese beiden Pole sind nicht mehr zeitgemäß. Lassen Sie uns, ausgehend von einem angenommenen Idealzustand, näher betrachten, warum:

Zunächst stellen wir uns die Frage: Wozu braucht es überhaupt ein Vertriebsmanagement? Der Vertrieb in Banken und Sparkassen folgt zunächst meist der Einkunftsart der Kunden, wird also unterschieden in Privat- und Firmenkunden. Hinzu kommen unterschiedliche Aufteilungen nach Potenzialen und zugehörige Betreuerinnen und Betreuer, die sich um eine spezifisch definierte Kundengruppe kümmern. Um dies professionell tun zu können, braucht es zeitgemäße Dienstleistungen und Produktlösungen sowie marktgerechte Preise und Konditionen. Diese entwickeln sich jedoch nicht in einer Laborsituation, sondern sind wiederum abhängig von den jeweiligen Markttrends. Diese möchten erkannt, analysiert und mit entsprechenden Maßnahmen unterlegt werden. Es lässt sich somit an dieser Stelle festhalten, dass es in Kreditinstituten Menschen braucht, die sich diesen Aufgaben des Vertriebsmanagements widmen und so für die Vertriebsmitarbeitenden bestmögliche Rahmenbedingungen schaffen, um ihre Kundinnen und Kunden zu begeistern.

Anschließend stellt sich die Frage: Wie können diese Aufgaben organisatorisch verankert werden? Eine Möglichkeit besteht darin, diese klassisch in einem Bereich zu bündeln und verschiedene Teams zu bilden, die sich als Expertenteams um die entsprechenden Aufgaben kümmern. Die Organisationsform, die aktuell in fast allen Instituten vorherrscht. Eine weitere Möglichkeit wäre, die Funktionen in Expertenteams zu bündeln und diese in den jeweiligen Vertriebsteams anzusiedeln. Darüber hinaus gäbe es noch weitere Möglichkeiten, z. B. die Ansiedlung in einem anderen Bereich wie in der Unternehmenssteuerung oder -planung, oder ein Mix aus den genannten Möglichkeiten inklusive Auslagerung bestimmter Aufgaben.

Vertriebsmanagement als Unterstützter oder Treiber?

In der praktischen Umsetzung beschäftigt viele Institute aktuell vor allem die Zusammenarbeit zwischen Vertriebsmanagement und den Vertriebsverantwortlichen. Es erfolgen beiderseits Schuldzuweisungen und Verantwortungen werden hin und her geschoben. Vereinfacht dargestellt: Während die Vertriebe über das Vertriebsmanagement behaupten, dass dies keine Ahnung von den Kundenanliegen habe und die Unterstützung mangelhaft ist, behauptet das Vertriebsmanagement, dass die Vertriebsmitarbeitenden sich nicht an die vereinbarten Regelungen halten. Ein sehr aufreibender und vor allem nicht zielführender Prozess.

Kann ein Vertriebsmanagement eigentlich nur entweder Unterstützer oder Treiber sein? Allein diese Fragestellung bringt gegensätzliche Positionierungen mit sich, die in der Realität inklusiv sind. Die Diskussion in den Extrempositionen „Unterstützer“ und „Treiber“ führt nur zur gegenseitigen Trennung, als wenn bei der Ausprägung Unterstützer das Vertriebsmanagement alles tun müsse, was der Markt sagt, und in der Treiberrolle umgekehrt. Erfolgreiche Vertriebsmanagements vereinbaren daher beide Positionen mit Hilfe eines gemeinsamen Ansatzes. Denn natürlich braucht es Menschen, die die Vertriebsmitarbeitenden mit guten Ideen unterstützen und dankbar das täglich gewonnene Kundenfeedback in ihre Arbeit integrieren. Auf der anderen Seite braucht es ebenso die treibende Rolle, auch wenn ich persönlich diese Begrifflichkeit nicht nützlich finde, da dadurch keine positiven Bilder entstehen. Lassen Sie uns diese Rolle daher lieber Vordenker-Rolle nennen. Es braucht also jemanden, der anhand von aktuellen Trends Handlungserfordernisse erkennt und diese in die Umsetzung bringt. Manchmal auch entgegen der Meinung der Vertriebsmitarbeitenden, weil diese vielleicht den Trend noch nicht erkannt haben und daher noch nicht sehen, warum genau jetzt dieser Schritt notwendig ist. Es sei jedoch noch einmal zu betonen: Auch hier braucht es ein Miteinander.

Überwindung der Polarisierung: Unterstützer und Treiber in Einem

Erfolgreiche Vertriebsmanagement-Modelle verlieren sich daher nicht in Positionen, die nur Mauern in den Köpfen zementieren, da oftmals auch noch verschiedene Vorstandsressorts angesprochen sind. Denn am Ende geht es um die Schaffung eines begeisternden Kundenerlebnisses, was sich durch Weiterempfehlung, Kauf, Wiederkauf, oder Mehrkauf in der GuV niederschlägt; also ein ureigenes gemeinsames Interesse. Zukünftig sind hier auch veränderte organisatorische Lösungen sinnvoll, z. B. eine agile Organisation, die Kundenverantwortung und die Verantwortung des Vertriebsmanagements in eine Hand legt. So kommen die Expertenteams von z. B. Produktmanagement und Vertriebswegeverantwortlichen in Sprints gemeinsam zusammen, um ein Kundenproblem entsprechend zu lösen. Denn Barrieren im Kopf werden manchmal bereits durch die aufbauorganisatorische Verankerung aufgelöst.

Über den Autor: Prof. Dr. Jürgen Weimann

Dr. Jürgen Weimann ist einer der führenden Managementberater für Zukunftsfähigkeit durch wirkungsvolle Führung und kompromisslose Kundenzentrierung mit Schwerpunkt im Sparkassen Consulting & Bank Beratung.

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