Lehren aus der Vertriebsstrategie der Zukunft Privatkunden für die Umsetzung bei Firmenkunden
Die Vertriebsstrategie der Zukunft (VDZ) des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) dient als Wachstums- und Effizienzstrategie für Privatkunden. Die VDZ verfolgt das Ziel, die Sparkassen in Zukunft besser auf geänderte Kundenbedürfnisse auszurichten.
Fast alle Sparkassen haben sich die letzten Monate und Jahre intensiv mit ihrer Vertriebsstrategie der Zukunft für den Privatkundenbereich beschäftigt. Unter anderem wurden Filialen umgewandelt, Mitarbeiterfunktionen überarbeitet und Strukturen verändert. Nun folgt die zukunftsweisende Ausrichtung des Firmenkundengeschäfts. Nach der Fertigstellung und Pilotierung des Konzepts beim DSGV starten nun viele Sparkassen mit der Umsetzung der Vertriebsstrategie für den Firmenkundenbereich. Auch wenn es um eine andere Kundengruppe mit anderen Bedürfnissen geht, gibt es einige Punkte, die man aus der Umsetzung im Privatkundenbereich lernen kann.
Das Geschäft mit Firmenkunden ist für die S-Finanzgruppe von großer Bedeutung – nicht nur, weil sich die Gruppe als der Finanzpartner für den Mittelstand sieht, sondern vor allem auch in Bezug auf die wichtigen Erträge. Die im Rahmen eines DSGV-Projekts erarbeitete Vision, das Firmenkundengeschäft auch weiterhin als Wachstums- und Ertragsquelle zu positionieren, beschäftigt aktuell und in den nächsten Monaten alle Sparkassen. Die Kundenanforderungen haben sich auch hier stark verändert. Heute sind viele Firmenkunden digitaler organisiert als ihre Sparkasse. Umso weniger Verständnis haben Kunden dieser Art dann für analoge Prozesse und vor allem für lange Bearbeitungszeiten aufseiten der Sparkasse. Unterteilt man das Firmenkundengeschäft in drei Größenklassen, so ergeben sich unterschiedliche Herausforderungen für die Zukunft. Im Segment mit den größten Kunden, dem Unternehmenskundensegment, sieht sich die Sparkasse mit erhöhten Anforderungen an die Leistungsfähigkeit im Kreditgeschäft, bei Derivaten und ggf. Auslandsgeschäften konfrontiert. Gerade bei dieser Kundengruppe, die mit ihrem Unternehmen meist Umsätze von über 10 Mio. EUR im Jahr erwirtschaften, sind die Anforderungen an einen professionellen Finanzpartner sehr hoch.
Der Inhaber oder Geschäftsführer eines solchen Unternehmens ist es gewohnt, tagtäglich Entscheidungen mit großer Tragweite zu treffen und möchte daher einen Gesprächspartner auf Augenhöhe, der ebenso agieren kann. Im nachfolgenden Segment, dem Firmenkundensegment, ist vor allem die ganzheitliche Betreuung insb. inklusive der privaten Seite eine große Herausforderung für Sparkassen. Flexible Arbeitszeitmodelle und Rahmenbedingungen sind hier notwendig, um den Wünschen der Kunden nach einem hohen Grad an persönlicher Beratung nachzukommen. Im Segment der Geschäftskunden, den kleinsten Firmenkunden, ist vor allem der Spagat aus Potenzialerschließung und gleichzeitiger Kosteneffizienz eine große Herausforderung. Hier bietet die Implementierung eine Business-Line Chancen, diesen Spagat zu schaffen. Dies gelingt jedoch nur dann, wenn die Business-Line mit speziell ausgebildeten Mitarbeitern besetzt ist und nicht als „Abschiebebahnhof“ von Minderleistern aus dem bisherigen Firmenkundensegment dient. Betrachtet man nun die Erfahrungen, die im Rahmen der Vertriebsstrategie der Zukunft für Privatkunden gemacht worden sind, dann ergeben sich bis heute vor allem in der Umsetzung folgende drei Herausforderungen:
- Veränderung beginnt beim Vorstand: Eine Neuorientierung der gesamten Vertriebsstruktur setzt Mut, Entschlossenheit und Einigkeit bei allen Vorständen voraus. Die Umsetzung in die Praxis scheitert häufig, weil z.B. Vertriebsmanagement und Vertrieb nicht miteinander kommunizieren oder Marktfolge und Vertrieb unterschiedliche Ansätze leben, ebenso die frühzeitige Integration des Personalrats und der Revision in die notwendigen Schritte. Veränderungen dieser Größenordnung funktionieren nur, wenn alle an einem Strang ziehen.
- Mitarbeiter bei der Veränderung mitnehmen: Ein Teil der Vertriebsmannschaft erkennt nicht die Notwendigkeit der Veränderung und es entstehen Widerstände.
- Umsetzung S-Finanzkonzept: Früher wie heute fällt es vielen Mitarbeitern schwer, den Mehrwert des S-Finanzkonzepts zu erkennen. Das Ergebnis sind niedrige Kontakt-, und/oder Gesprächsquoten und zu niedrige Vertriebsergebnisse.
Das DSGV-Projekt liefert zahlreiche Ideen und Empfehlungen für verschiedene Aspekte des Firmenkundengeschäfts, doch bleiben die oben genannten, aber für die Umsetzung erfolgskritischen Themen, in Teilen unbeantwortet. Im Firmenkundengeschäft kommen ebenso noch folgende Herausforderungen hinzu:
- mangelnde OSPlus-Kenntnis bei den Firmenkundenbetreuern: Ein hoher Anteil an Assistenzaufgaben ist notwendig, weil die meisten FKBs nicht mit OSPlus umgehen können. Somit werden Prozesse aus Kundensicht umständlicher, weil eine weitere Person involviert ist – und gleichzeitig für die Sparkasse dadurch teurer.
- schwierige Zusammenarbeit zwischen Marktfolge und FKB: In zahlreichen Sparkassen ist die Zusammenarbeit zwischen den beiden Einheiten mehr ein Kampf als ein Miteinander im Sinne des Kunden und der Sparkasse.
- unzureichendes Vertriebsmanagement Firmenkunden: Die meisten Vertriebsmanagementeinheiten sind vor allem auf den Privatkundenmarkt fokussiert. Kampagnen oder Vertriebsideen für den Firmenkunden und seine speziellen Bedürfnisse finden nur unzureichend statt.
- private Seite des Firmenkunden ist unterbetreut: Nur wenige der in zahlreichen Varianten in der Praxis vorhandenen Kooperationsmodelle zwischen PK und FK funktionieren so, dass ein wirklicher Mehrwert für den Kunden entsteht.
Sparkassen, die sich in Zukunft mit der Vertriebsstrategie der Zukunft für den Firmenkunden beschäftigen, sollten daher selbstkritisch hinterfragen, welche „Baustellen“ der Vergangenheit vorhanden sind. Ein reines Betrachten der Handlungsfelder, die der DSGV evaluiert hat, reicht für eine erfolgreiche Zukunft nicht aus, denn sonst werden zwar die Themenfelder aus dem DSGV Projekt „abgearbeitet“, aber spätestens mit dem Start der Umsetzung beginnen die Probleme, weil zu viel Energie in Konzepte gesteckt wurde, die in der Praxis keine oder nur eine sehr geringe Wirkung entfalten. Gönnen Sie sich daher diesen wichtigen vorherigen Schritt und evaluieren Sie, wo Sie wirklich im Firmenkundengeschäft stehen. Dabei bin ich gerne an Ihrer Seite.