Warum YOMO, Paydirekt und KWITT keine Erfolgsstory schreiben

„Digital Vorstoß der Sparkassen droht Fiasko“ titelte am 21.02.2018 das Manager-Magazin, „…Sparkassen-App YOMO vor dem Aus?“ schrieb am selben Tag der Finanzpilot. Es steht aktuell nicht gut um die digitalen Projekte der Sparkassen-Finanzgruppe, egal ob YOMO, paydirekt oder KWITT, die meiste Berichterstattung besteht nicht aus Durchbrüchen, sondern aus Abgesängen. Woran liegt das?

Hintergrund der Berichterstattungen über YOMO war die Bekanntgabe der Hamburger Sparkasse (HASPA), eine der Gründersparkassen von YOMO, die weitere Teilnahme am Projekt niedriger zu priorisieren. Damit steigt die größte der zehn Gründersparkassen aus bzw. setzt andere Prioritäten. Auch die weiteren digitalen Projekte der Sparkassen-Finanzgruppe sind bisher keine Erfolgsstorys. Was alle drei Projekte vereint, das Ergebnis ist immer schlechter, als vergleichbare Angebote am Markt. Somit ist das Kernproblem: Ohne wesentlichen Kundennutzen, keine USP, kein Markterfolg!

Betrachten wir YOMO, Ziel von YOMO ist es vor allem junge Kunden durch einen erfrischenden Markenauftritt (der gut gelungen ist) bewusst anders anzusprechen, als es die Kunden von den Sparkassen bisher gewohnt waren. Gleichzeitig aber die Chance nutzen, durch die Marke Sparkasse, die junge Marke YOMO vertrauensvoll zu machen. Bis hier hin eine sehr gelungene Idee. Die Umsetzung der App dauert mittlerweile über 2 Jahre und es wird immer noch von der Beta-Phase gesprochen. Nun ist die Dauer des Entwicklungsprozesses noch lange kein Gütekriterium für Qualität, doch betrachtet man das Endergebnis, ein Girokonto, ohne Kreditkarte, mit einer App, die nicht mehr kann, als die bisherige Sparkassen-App, dabei nur „fancy“ aussieht – dafür ist die Entwicklungszeit viel zu lang und das Ergebnis mehr als dürftig. Betrachtet man nun das Projekt aus Sicht der Kunden – klare Positionierung war es, digitalen Wettbewerbern wie z.B. N26 etwas entgegen zu setzen. Im BWL Grundstudium lernt man, dass dies nur möglich ist, wenn man mindestens genauso gut wie die Konkurrenz ist.  Doch warum sollte ein Kunde ein Konto eröffnen, welches weniger Leistungen bietet, als 99% der anderen Kontomodelle am Markt? Oder warum sollte ein Kunde gar zu YOMO wechseln, wenn sich das Leistungsangebot verschlechtert? Weil die Marke so sympathisch und frisch ist? Sicher nicht!

Ähnlich stellt es sich bei paydirekt dar, mit extrem hohen Kosten versuchen die Sparkassen, gemeinsam mit u.a. der Deutschen Bank, den Volks- und Raiffeisenbanken, der Commerzbank und weiteren Bankpartnern, den Wettbewerber PayPal etwas entgegen zu setzen. Hier zeigt sich das gleiche Bild, einzig die Anmeldung ist mittlerweile sehr intuitiv, da eine direkte Verbindung zu den Daten der kontoführenden Sparkasse geschaffen wurde. Eine Funktion die fast zum Fiasko geworden wäre, weil sie in den Medien als Verzweiflungstat dargestellt wurde. Vor allem die Datenschutzbedenken führten zu einer massiv schlechten Berichterstattung. Zum Beispiel titelte die Welt am 10.08.2017 „Sparkassen wollen ihre Kunden zwangsbeglücken“. Aus Kundensicht ist es dadurch gelungen, die Anmeldung sehr einfach zu machen. Der erste Ärger beginnt aber bei der Passwortwahl, natürlich ist Sicherheit gerade bei Zahlverfahren von hoher Bedeutung, aber hier wurde sehr päpstlich verfahren, die komplizierte Kennwortrichtlinie führt sicher zu einigen Passwortrücksetzungen, weil man sich den Login nicht merken kann. Gleichzeitig braucht man ihn auch aktuell so selten, was am mangelnden Händlernetzwerk liegt. Dieses wächst zwar stetig, zu Beginn waren es nur eine Handvoll Online-Stores von denen man nicht mal wusste, dass man dort online Waren kaufen kann. Dieses Händlerwachstum lässt sich die Sparkassen-Finanzgruppe auch einiges kosten, allein die Otto Group soll laut Süddeutscher Zeitung 10 Millionen IT-Kostenzuschuss für die Integration + 3 Millionen Werbekostenzuschuss bekommen haben. Fazit auch hier, warum sollte ein Kunde paydirekt nutzen, wenn die Funktionalität signifikant schlechter ist wie bei PayPal?

Ein weiteres Projekt ist KWITT. Mit der App soll der Austausch von Kleinstbeträgen wie z.B. im Freundeskreis bei der gemeinsamen Abendrunde, deutlich erleichtert werden. Auch in diesem Feld ist die Organisation nicht First Mover, sondern läuft Angeboten wie z.B. von Lendstar hinterher. Ich persönlich finde im Vergleich zu YOMO und paydirekt ist KWITT noch das beste digitale Projekt der S-Finanzgruppe, aber um nicht nur innerhalb der Gruppe Bekanntheit zu erlangen, ist ein deutlicher Mehrwert notwendig. Zum Beispiel, das Thema Geldleihe noch viel mehr aus Kundensicht zu denken. Wie wäre es, wenn ich in KWITT die Anzahl meiner Freunde, mit denen ich in den Urlaub fahre hinterlegen kann und wir gegenseitig eintragen, wer, was bezahlt hat und am Ende des Urlaubs errechnet KWITT, wer, wem, welchen Betrag schuldet und hilft beim Clearing?

Die Ausführungen zeigen, zentrales Problem bei all den dargestellten Projekten ist eine mangelnde Kundenzentrierung, am Ende steht immer ein Produkt, welches im Vergleich zu Konkurrenzprodukten keinen Mehrwert bietet. Daher sollten sich künftige Aktivitäten darauf fokussieren, welche Kundenerwartungen vorhanden sind, um ein Produkt zu designen, was wettbewerbsfähig ist. Als Beispiel sei hier Facebook genannt, es gab bereits vorher zahlreiche soziale Netzwerke wie Studi-VZ, Lokalisten etc., aber Facebook hat es geschafft einen solchen Mehrwert zu bieten, dass letztendlich alle Nutzer gewechselt haben. So könnte es der S-Finanzgruppe auch gehen, die Sparkassen genießen nach wie vor eine große Bekanntheit und Vertrauen, daher besteht keine Not First Mover zu sein, aber eben auch nicht Spätzünder mit schlechten Lösungen.

Innerhalb der S-Finanzgruppe gibt es bereits mit dem Sparkassen-Innovation-HUB kurz S-HUB ein Innovationslabor, welches sich genau mit den Zukunftsthemen der Kunden auseinandersetzt und an deren Lösung arbeitet. Hieraus gibt es bereits sehr gute, kundenorientierte Produkte, wie z.B. den VertragsCheck. Man stelle sich nur vor, was an Innovation möglich wäre, wenn die Millionen die paydirekt verschlungen hat und noch laufenden verschlingt, oder die in YOMO und KWITT geflossen sind, innerhalb des S-HUB gebündelt worden wären. Zukunft beginnt aber mit Einigkeit, darauf sollten sich die Sparkassen besinnen und dann wären sie, dank der Strahlkraft der Marke und der hohen Kundenanzahl, nicht mehr aufzuhalten.

 

Über den Autor: Prof. Dr. Jürgen Weimann

Dr. Jürgen Weimann ist einer der führenden Managementberater für Zukunftsfähigkeit durch wirkungsvolle Führung und kompromisslose Kundenzentrierung mit Schwerpunkt im Sparkassen Consulting & Bank Beratung.

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