{"id":4532,"date":"2020-01-28T08:58:33","date_gmt":"2020-01-28T07:58:33","guid":{"rendered":"https:\/\/juergenweimann.com\/neueseite2023\/?p=4532"},"modified":"2023-02-03T11:24:50","modified_gmt":"2023-02-03T10:24:50","slug":"durchgetaktet-oder-wertschoepfend","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/juergenweimann.com\/durchgetaktet-oder-wertschoepfend\/","title":{"rendered":"Durchgetaktet oder wertsch\u00f6pfend?"},"content":{"rendered":"
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Die heutige Arbeitswelt bietet nahezu permanent zahlreiche M\u00f6glichkeiten der Ablenkung und Besch\u00e4ftigung; hier eine Einladung von einem Kollegen zur Abstimmung, dort eine Projektsitzung, zig E-Mails pro Tag und noch viele weitere. F\u00fcr viele Vorst\u00e4nde und F\u00fchrungskr\u00e4fte ist der Kalender nicht mehr ein Werkzeug, um sich zu organisieren, sondern wird zur Fremdbestimmung des Arbeitstages. Doch auch wenn es sich f\u00fcr viele so anf\u00fchlt, als bestimme das Vorzimmer, wie die Struktur Ihres Tages aussieht; letztendlich sind es SIE selbst! Ein Pl\u00e4doyer f\u00fcr mehr freie Zeiten in Ihrem Kalender.\u00a0 <\/strong><\/p>\n

Letzte Woche begr\u00fc\u00dfte mich ein Vorstand, nach 10 min\u00fctiger Versp\u00e4tung seinerseits, mit den Worten: \u201eTut mir sehr leid, heute bin ich so durchgetaktet, ich konnte noch nicht mal mittags was essen.\u201c Daher fragte ich ihn: \u201eWie h\u00e4ufig sind Ihre Tage so wie der heutige?\u201c Die Antwort: \u201eJeder Tag ist so.\u201c Es folgte eine spannende Diskussion zum Thema Disziplin in Sachen Zeitmanagement. Auch wenn viele Vorst\u00e4nde und F\u00fchrungskr\u00e4fte das Gef\u00fchl haben, dass sie durch ihren Terminkalender fremdbestimmt werden, ist dem nicht so. Diese Annahme dient rein zur eigenen psychologischen Beruhigung und versetzt sie in die passive Opferrolle, selbst nichts an der Situation \u00e4ndern zu k\u00f6nnen. Doch was passiert, wenn unvorhergesehene Ereignisse eintreten? Ein gro\u00dfes Gesch\u00e4ft steht kurz vor dem Scheitern und braucht die Aufmerksamkeit des Managements; ein Mitarbeiter steht aufgel\u00f6st im B\u00fcro; der Partner braucht dringende Hilfe \u2013 wie von Zauberhand ver\u00e4ndert sich der Tagesablauf und siehe da: es gelingt trotzdem, allen Themen gerecht zu werden. Wir alle haben an einem Tag 24 Stunden abz\u00fcglich unseres pers\u00f6nlichen Schlafbedarfs zur Verf\u00fcgung. Somit ist Zeit schlicht das Ergebnis von Priorit\u00e4ten. Die t\u00e4gliche Managementfrage sollte daher sein: Helfen mir die heutigen Priorit\u00e4ten, meine gesetzten Ziele zu erreichen?<\/em>Denn falls nicht, vergeht der Tag wie im Fluge und man hat \u201eviel gemacht\u201c, aber nichts erreicht. Vorst\u00e4nde und F\u00fchrungskr\u00e4fte, die nicht mindestens 15% ihrer Wochenarbeitszeit nicht verplant sind, erweisen sich und ihrem Unternehmen einen B\u00e4rendienst.<\/p>\n

Tappen Sie nicht in die „Ego-Falle“<\/h2>\n

Die Aufgabe des Managements ist es nicht, IM, sondern vor allem AM Unternehmen zu arbeiten. Dazu z\u00e4hlen Aufgabenfelder wie Strategien zu hinterfragen, aktuelle Trends zu bewerten, Austausch mit anderen Unternehmen zu pflegen, sich selbst pers\u00f6nlich weiterzuentwickeln, die eigene Kreativit\u00e4t zu pflegen usw. Dies braucht schlicht Zeit, ungeplante Zeit. Zeit, einfach mal einen Spaziergang zu machen und dabei dar\u00fcber nachzudenken, welche Worte f\u00fcr die n\u00e4chste Personalversammlung die richtigen sind. Oder nach einer anstrengenden Vorstandssitzung einfach mal in die n\u00e4chste Kaffeebar zu gehen und einen Espresso zu trinken. Vielleicht sagt nun eine Stimme in Ihnen: \u201eW\u00fcrde ich ja alles gerne tun, dazu fehlt mir aber die Zeit.\u201c Genau hierin liegt eine h\u00e4ufige Ursache des Problems: Die Ego-Falle. Wir Menschen werden gerne gebraucht und lieben es, vor allem im Management, wenn wir Probleme l\u00f6sen und Entscheidungen treffen k\u00f6nnen. Schlie\u00dflich ist dies meist einer der Hauptantriebe, um \u00fcberhaupt in solch eine Position zu kommen; die \u00dcbernahme von Verantwortung. Vereinfacht ausgedr\u00fcckt, suggeriert ein voller Terminkalender unserem Ego: \u201eOhne mich l\u00e4uft hier nichts, ich werde dringend gebraucht.\u201c Hier tappen wir jedoch in eine psychologische Falle. F\u00fcr den Aufstieg hin zu einer verantwortungsvollen Position war es stets notwendig, in viele Themen involviert zu sein und vieles tief zu durchdenken, um der n\u00e4chsth\u00f6heren F\u00fchrungskraft immer zu zeigen, wie \u201eflei\u00dfig\u201c man ist. Dies ist allerdings ein komplett falsches Verst\u00e4ndnis von Disziplin, denn es kommt nicht auf \u201eharte Arbeit\u201c, sondern auf \u201esmarte Arbeit\u201c an. Gleichwohl sind die meisten Vorst\u00e4nde und F\u00fchrungskr\u00e4fte in solch einem Umfeld sozialisiert. Dies f\u00fchrt dazu, dass auch in h\u00f6chster F\u00fchrungsposition die Angst vorhanden ist, den aktuellen Anforderungen nicht gewachsen zu sein. Diese innere Angst wird dann mit einem vollen Kalender beruhigt, da dadurch t\u00e4glich suggeriert wird: \u201eIch werde hier gebraucht.\u201c<\/p>\n

Die erfolgreichsten Manager sind jedoch diejenigen, die f\u00fcr ihre Mitarbeiter \u201eda\u201c sind, auch wenn Sie nicht \u201eda\u201c sind. Vorst\u00e4nde und F\u00fchrungskr\u00e4fte werden nicht gebraucht, um Entscheidungen auf operativer Ebene (z. B. welche POS-Werbung im Februar ausgespielt werden soll) zu treffen. Vielmehr werden sie dringend gebraucht, um wirkungsvolle Teams zu bilden, das Unternehmen zukunftsf\u00e4hig zu machen und die Belegschaft durch Ihr Vorbild zu inspirieren. Weil dies eine klare Vision gibt, die Orientierung bietet und die strategische Richtung vorgibt. Weil in F\u00fchrungspositionen Menschen sind oder sein sollten, die zum einen wirkliche F\u00fchrungskr\u00e4fte sind und keine Verwalter, und zum anderen durch den regelm\u00e4\u00dfigen Austausch mit dem Vorstand die gesch\u00e4ftspolitische Ausrichtung kennen.<\/p>\n

Dies bedarf neben der Arbeit an sich selbst, eben nicht in die \u201eEgo-Falle\u201c des \u201cIch werde gebraucht\u201c-Denkens zu tappen, nat\u00fcrlich Vertrauen in die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Keine F\u00fchrungskraft in der zweiten F\u00fchrungsebene braucht einen w\u00f6chentlichen Jour fixe mit dem Vorstand. Falls dies bei Ihnen aktuell so ist, geben Sie entweder zu wenig Freiraum f\u00fcr eigene Entscheidungen oder Ihr Bed\u00fcrfnis, gebraucht zu werden, ist zu hoch. Der schlimmste Aspekt dieser Vorgehensweise w\u00e4re, Ihre F\u00fchrungskr\u00e4fte sind der Aufgabe nicht gewachsen. Wie w\u00e4re es mit einem ersten Schritt und dem Auftrag an Ihr Vorzimmer oder Ihre Assistenz, nur noch 80% der Wochenarbeitszeit zu verplanen. Oder Sie tragen sich selbst feste Terminbl\u00f6cke mit dem Titel \u201eNachdenken\u201c ein, die f\u00fcr Sie denselben Stellenwert haben wie ein Termin mit einem wichtigen Kunden oder Mandatstr\u00e4ger. Diese Zeiten nutzen Sie f\u00fcr etwas, das Ihnen gut tut \u2013 das kann ein Spaziergang sein, der Besuch einer Ausstellung oder das Mittagessen mit einem Gesch\u00e4ftspartner, den Sie schon lange nicht mehr gesehen haben. Fragen Sie sich au\u00dferdem bei jeder Termineinladung: \u201eWerde ich dort wirklich gebraucht?\u201c, und nehmen Sie nur die Termine wahr, bei denen Sie wirklich wertsch\u00f6pfend wirken k\u00f6nnen. H\u00e4ufig haben Mitarbeiter das Gef\u00fchl, die Einbindung des Vorstandes oder der F\u00fchrungskraft sei wichtig, um \u201ebesch\u00fctzt\u201c und \u201eabgesichert\u201c zu sein. Appellieren Sie hier an die F\u00e4higkeit des Einzelnen, indem Sie mitteilen, dass Sie dankend die Einladung zur Projektsitzung ablehnen, weil Sie sicher sind, dass die Projektmitglieder die richtige Entscheidung f\u00fcr das Unternehmen treffen werden.<\/p>\n<\/div>

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