{"id":4053,"date":"2018-03-01T09:18:37","date_gmt":"2018-03-01T08:18:37","guid":{"rendered":"https:\/\/juergenweimann.com\/neueseite2023\/?p=4053"},"modified":"2023-02-03T11:48:21","modified_gmt":"2023-02-03T10:48:21","slug":"hauptbetreuer-ade","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/juergenweimann.com\/hauptbetreuer-ade\/","title":{"rendered":"Hauptbetreuer ade"},"content":{"rendered":"

Bei der Hamburger Sparkasse kann sich der Kunde k\u00fcnftig seinen Betreuer individuell aussuchen. Neben dem neuen Filialkonzept und vielen weiteren Ma\u00dfnahmen ist dies ein weiterer Schritt in Richtung Kundenzentrierung. Bei den meisten anderen Sparkassen gilt das Hauptbetreuerprinzip: Jeder Kunde hat einen fest zugeordneten Ansprechpartner. Ein Verwaltungsprinzip, das es k\u00fcnftig aufzul\u00f6sen gilt, denn nur so wird das gesamte Leistungsangebot f\u00fcr den Kunden nutzbar.<\/strong><\/p>\n

\u00a0<\/strong>Das Gesundheitssystem setzte fr\u00fcher sehr stark auf das sogenannte Hausarztprinzip. Der Patient ging bei allen gesundheitlichen Fragen zu seinem Hausarzt und dieser entschied, ob er selbst helfen konnte oder die Einbindung eines Spezialisten notwendig war. Der Gedanke war damals, dass an einem zentralen Punkt s\u00e4mtliche Informationen \u00fcber den Patienten zusammenlaufen und somit die Betreuung des Patienten ganzheitlicher erfolgen kann. Bei der heutigen freien Arztwahl und der M\u00f6glichkeit, selbstst\u00e4ndig einen Spezialisten aufzusuchen, ger\u00e4t dieses Prinzip immer mehr ins Hintertreffen. Bei Sparkassen ist es nicht anders. Jeder Kunde hat einen fest zugeordneten Ansprechpartner, womit gew\u00e4hrleistet sein soll, dass der Kunde in finanziellen Angelegenheiten einen Partner an seiner Seite hat. Dieses Prinzip wurde zu einer Zeit eingef\u00fchrt, in der es noch \u00fcblich war, dass ein Mitarbeiter viele Jahre an derselben Stelle eingesetzt wurde. So konnten fast Freundschaften zur Sparkassenberaterin oder zum Sparkassenberater entstehen, weil man gemeinsam bereits die Kontoer\u00f6ffnung, die Kontoumschreibung zur Hochzeit, die Absicherung f\u00fcrs Alter und die Baufinanzierung erledigt hatte. Zus\u00e4tzlich waren damals die IT-Systeme entweder noch gar nicht eingef\u00fchrt oder noch nicht in der Lage, Informationen \u00fcber den Kunden zu speichern. Das Wissen ob der finanziellen W\u00fcnsche des Kunden war nur im Kopf des jeweiligen Ansprechpartners verf\u00fcgbar. Doch die Welt hat sich grundlegend ver\u00e4ndert.<\/p>\n

CRM-Systeme helfen die relevanten Kundeninformationen f\u00fcr alle Mitarbeiter nutzbar zu machen<\/h2>\n

CRM-Systeme bieten die M\u00f6glichkeit, die W\u00fcnsche des Kunden so in OSPlus zu erfassen, dass ein beliebig anderer Mitarbeiter ebenso darauf Zugriff hat. Die durchschnittliche Verweildauer der Mitarbeiter auf der gleichen Stelle hat sich deutlich verringert und so kommt es zu h\u00e4ufigen Betreuerwechseln. Die Mitteilung zur Vorstellung des neuen Ansprechpartners wird zur Farce, weil der Kunde oftmals den vorherigen Ansprechpartner nicht kannte. Somit ist die damals sehr kundenfreundlich gedachte Idee des Hauptbetreuerprinzips heute ein reiner Verwaltungsakt, der es erm\u00f6glicht, Zust\u00e4ndigkeiten zu regeln. Im IT-Berechtigungssystem wei\u00df man, welcher Person in der Sparkasse man die Ereignisse zuweist, wen man anruft, wenn es Probleme gibt oder \u00a0\u2013 provokant formuliert \u2013 wo man den Kunden hinschickt, wenn es um einen Gesch\u00e4ftsvorfall geht, auf den man selbst keine Lust hat. Das von Kunden h\u00e4ufig geh\u00f6rte \u201eKennen Sie schon Ihren Betreuer?\u201c, meint meist eher: \u201eIch m\u00f6chte Ihnen nicht helfen, soll sich Ihr Betreuer mal darum k\u00fcmmern.\u201c Hintergrund f\u00fcr solche Verhaltensweisen ist nicht der b\u00f6se Wille des Mitarbeiters, sondern die eigene Nutzenmaximierung, denn Vertriebserfolge z\u00e4hlen nat\u00fcrlich auch rein f\u00fcr den Hauptbetreuer. Somit w\u00fcrde eine exzellente Dienstleistung f\u00fcr einen \u201efremden\u201c Kunden zwar der Sparkasse, aber nicht dem eigenen Vertriebserfolg etwas bringen. Dadurch werden Kunden in zwei Klassen eingeteilt: Kunden, die der Vertriebseinheit zugeordnet sind, in der sie gerade mit ihrem Problem sind, und Kunden, die einer anderen Vertriebseinheit zugeordnet sind. H\u00e4ufig verz\u00f6gern sich dadurch Prozesse, weil der Kunde dann an den Hauptbetreuer verwiesen wird. Ein eigenes Beispiel zur Verdeutlichung: Meine Schwester hatte eine Frage zu einer Mitteilung zu Ihrem Investmentfonds, die ich nicht selbst beantworten konnte. Die erste Frage im KSC meiner Sparkasse: \u201eWer ist denn Ihr Betreuer?\u201c Ich sagte, dass meine Betreuerin, da sie den Fokus auf dem Firmenkundengesch\u00e4ft hat, nicht die richtige Ansprechpartnerin f\u00fcr meine Frage ist. Ein Anlageexperte k\u00f6nne die Frage sicher ganz schnell beantworten. Leider war es nicht m\u00f6glich, direkt mit einem der vielen Anlageberater zu sprechen. Meine Betreuerin wurde informiert, stellte die Verbindung zu einem Anlageexperten her, dieser rief mich zur\u00fcck und beantwortete die Frage. Ein Akt, der nicht effizient f\u00fcr die Ressourcen der Sparkasse ist und f\u00fcr mich als Kunde ebenso kompliziert wie unbefriedigend war.Es lie\u00dfen sich viele weitere Beispiele finden. Bei allen jedoch ist der Effekt gleich: Die M\u00f6glichkeiten der Sparkassen (Vielzahl an Filialen, Ansprechpartner, Zugangsweg) werden f\u00fcr den Kunden reduziert auf eine Person, n\u00e4mlich den pers\u00f6nlichen Ansprechpartner. Daher ist der Schritt der Haspa ein Schritt in die richtige Richtung. Der Kunde entscheidet sich f\u00fcr seinen Ansprechpartner.\u00a0Schluss mit unsinnigen Kunden\u00fcberleitungen im Rahmen von Kundensegmentierungen, die in den meisten F\u00e4llen nur zu Verwirrung als zu unternehmerischem Mehrwert f\u00fchren.<\/p>\n

Das reine Abschaffen endet im Chaos – vorbereitende Ma\u00dfnahmen notwendig<\/h2>\n

Was im ersten Moment einfach klingt, setzt aber zahlreiche Schritte voraus. Denn ein reines Abschaffen des Hauptbetreuerprinzips endet eher im Chaos als im Mehrwert f\u00fcr den Kunden, vor allem die F\u00fchrungskultur und das Steuerungssystem sind im Vorfeld stark zu hinterfragen. Dies ist ein wichtiger Schritt im Rahmen der ver\u00e4nderten Kundenanforderungen durch die Digitalisierung. Folgende Voraussetzungen f\u00fcr die Ver\u00e4nderung des Hauptbetreuerprinzips ergeben sich:<\/p>\n