{"id":3459,"date":"2017-06-19T18:50:03","date_gmt":"2017-06-19T16:50:03","guid":{"rendered":"https:\/\/juergenweimann.com\/neueseite2023\/?p=3459"},"modified":"2022-02-16T16:37:45","modified_gmt":"2022-02-16T15:37:45","slug":"herausragender-service-als-strategische-option","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/juergenweimann.com\/herausragender-service-als-strategische-option\/","title":{"rendered":"Herausragender Service als strategische Option"},"content":{"rendered":"

(zuerst erschienen in bank und markt, 46. Jahrgang, Juni 2017, gemeinsam mit Herrn Prof. Dr. Matthias H. J. Gouthier)<\/em><\/p>\n

\u201eIm Zangengriff\u201c betitelte das Handelsblatt am 18.01.2017 die Situation der Banken im Marktumfeld von Nullzinsen und Digitalisierung. Gerade f\u00fcr Banken, die ein kostenintensives Filialnetz betreiben, stellt sich zus\u00e4tzlich zur Notwendigkeit der digitalen Transformation die Frage nach einer erfolgreichen strategischen Positionierung. Die Filialschlie\u00dfungen und Geb\u00fchrenerh\u00f6hungen der Vergangenheit werden nicht ausreichen, um das Gesch\u00e4ftsmodell auf Dauer zu stabilisieren. Kunden durch exzellente Services zu begeistern, ist, wie zahlreiche Studien belegen, in vielen kostengetriebenen Branchen derzeit das Erfolgsrezept. Dass dieser strategische Ansatz auch f\u00fcr Filialbanken geeignet ist, und welche organisatorischen Handlungsfelder zu bewerkstelligen sind, zeigt dieser Artikel auf.<\/strong><\/p>\n

Es vergeht kein Tag, an dem nicht \u00fcber die kritische Situation der Banken \u00f6ffentlich berichtet wird. Die aus der Nullzinspolitik der EZB resultierenden Ertragsr\u00fcckg\u00e4nge, verbunden mit dem durch die Digitalisierung ver\u00e4nderten Kundenverhalten, setzt alle Institute gleicherma\u00dfen unter Handlungszwang. Blickt man in andere Branchen, die von \u00e4hnlich disruptiven Ver\u00e4nderungen betroffen sind, so besch\u00e4ftigen sich immer mehr Unternehmen mit der Fragestellung, wie durch exzellente Serviceleistungen, die Kunden begeistern, positive Kundenerlebnisse geschaffen werden k\u00f6nnen. Begeisterung ist die Folge eines Kundenerlebnisses, welches \u00fcber der Erwartungshaltung liegt, pers\u00f6nlich anspricht und somit positiv \u00fcberrascht. Dieser strategische Ansatz dient zum einen der Differenzierung gegen\u00fcber dem Wettbewerb, zum anderen der nachhaltigen Bindung der Kunden an das eigene Unternehmen.<\/p>\n

Im klassischen Bankwesen sind die Produkte jedoch weitestgehend homogen und unterscheiden sich prim\u00e4r nur durch den Preis. Vor identischen Herausforderungen stehen viele andere Dienstleister mit einem Schwerpunkt im station\u00e4ren Handel, z.B. Elektrofachh\u00e4ndler wie Media-Saturn. Auch hier stellt sich die allentscheidende Frage, wie eine komplement\u00e4re Beziehung, d.h. eine sich erg\u00e4nzende Rolle von Online-Handel und station\u00e4rem Handel aussehen kann. Gerade unter dem Schlagwort \u201eROPO \u2013 Research Online \u2013 Purchase Offline\u201c kann und muss der station\u00e4re Handel dem Kunden einen Mehrwert bieten, um weiterhin erfolgreich am Markt bestehen zu k\u00f6nnen. Der dahinterstehende Gedanken gilt gleicherma\u00dfen f\u00fcr Filialbanken: Was differenziert das einzelne Kreditinstitut noch vom Wettbewerb? Wie kann dem Kunden in den Filialen ein wahrnehmbarer Mehrwert geboten werden?<\/p>\n

HERAUSRAGENDER SERVICE ALS DIFFERENZIERUNGSOPTION<\/strong><\/h3>\n

Wer wollte nicht Amazon als erfolgreiches Gesch\u00e4ftsmodell bezeichnen? Einer der Treiber des Erfolgs von Amazon stellt das Bestreben dar, den weltbesten Service bieten zu wollen. So hat Amazon CEO Jeff Bezos in einem Interview zum Ausdruck gebracht: \u201eWir sind nicht vom Wettbewerber, sondern vom Kunden besessen.\u201c Diesen Sachverhalt, dass eine absolute Fokussierung auf die Kundenbed\u00fcrfnisse und permanente Anpassung des Gesch\u00e4ftsmodells auf sich ver\u00e4ndernde Kundenbed\u00fcrfnisse zu einer profitableren Position gegen\u00fcber dem Wettbewerb f\u00fchrt, belegen zahlreiche Studien. Zus\u00e4tzlich best\u00e4tigen internationale Studien, dass auch Banken sich durch herausragende Serviceleistungen positiv vom Wettbewerb abgrenzen k\u00f6nnen. Ein begeisterndes Erlebnis erh\u00f6ht die Kundenbindung und f\u00fchrt zu einer h\u00f6heren Anzahl an Wiederk\u00e4ufen und Weiterempfehlungen und letztlich einem gesteigerten Ertrag pro Kunde. Doch dies erfordert gerade in der deutschen Bankenlandschaft ein neues Verst\u00e4ndnis von Service und damit ein grundlegendes Umdenken. W\u00e4hrend fr\u00fcher Service sehr stark mit Servicekr\u00e4ften, Bargeld und Zahlungsverkehr verkn\u00fcpft war, der im Laufe der Zeit immer st\u00e4rker zur\u00fcckgefahren wurde, ist es heute notwendig, Service umfangreicher, n\u00e4mlich als das Erlebnis von Kunden an allen Kontaktpunkten der Bank zu definieren. Bei diesem Verst\u00e4ndnis von Service besteht massiver Nachholbedarf. Dies sei an zwei Beispielen verdeutlicht: Bei einigen Instituten k\u00f6nnen Kunden ihre verlorene Karte zwar telefonisch sperren lassen, zur Neubestellung muss aber die Filiale aufgesucht werden, die telefonische Erreichbarkeit ist ebenso nicht bei allen Instituten 24h\/7d verf\u00fcgbar. Aus Kundensicht liegt in beiden F\u00e4llen ein unbefriedigendes Serviceerlebnis vor.<\/p>\n

STUDIE ZU DEN ORGANISATORISCHEN HANDLUNGSFELDERN BEI BANKEN<\/strong><\/h3>\n

Herausragende Kundenerlebnisse, die durch exzellente Serviceleistungen hervorgerufen werden, kommen nicht durch Zufall zustande, sondern sind Ergebnis einer organisationsweiten Ausrichtung des Kreditinstituts in Richtung Kundenzentrierung und Serviceorientierung. Managementmodelle, die sich mit dieser Ausrichtung besch\u00e4ftigen, werden als Service Excellence bezeichnet. Um die organisatorischen Handlungsfelder f\u00fcr Banken zu evaluieren, wurde im Rahmen eines Dissertationsprojektes eine entsprechende Studie realisiert. Zun\u00e4chst wurden durch eine intensive Literaturrecherche m\u00f6gliche Handlungsfelder evaluiert. Diese wurden sodann im Rahmen einer ersten explorativen Studie mithilfe von teilstandardisierten Interviews mit Managern und Vorst\u00e4nden von verschiedenen Banken spezifiziert.<\/p>\n

Im Rahmen einer zweiten explorativen Studie wurden diese Handlungsfelder durch zus\u00e4tzliche Tiefeninterviews mit Vorst\u00e4nden von Sparkassen und Genossenschaftsbanken validiert. Die Fokussierung auf Sparkassen und Genossenschaftsbanken erfolgte vor allem aus zwei Gr\u00fcnden:<\/p>\n