{"id":3440,"date":"2017-03-06T09:44:00","date_gmt":"2017-03-06T08:44:00","guid":{"rendered":"https:\/\/juergenweimann.com\/neueseite2023\/?p=3440"},"modified":"2022-02-16T16:40:41","modified_gmt":"2022-02-16T15:40:41","slug":"lassen-sie-uns-ueber-digitalisierung-sprechen","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/juergenweimann.com\/lassen-sie-uns-ueber-digitalisierung-sprechen\/","title":{"rendered":"Lassen sie uns \u00fcber Digitalisierung sprechen…."},"content":{"rendered":"
Digitalisierung ist in aller Munde: kaum eine Konferenz, eine Vorstandssitzung oder ein Fachbeitrag in der\/dem nicht \u00fcber Digitalisierung gesprochen wird. Das Gute ist, solange man dar\u00fcber spricht, scheint man aktiv und dynamisch zu sein, auch, wenn man nicht wirklich etwas tut. In einigen Unternehmen ist die sichtbarste Handlung das Abnehmen der Krawatten. Doch \u00e4ndert sich dadurch wirklich die Unternehmenskultur? Arbeiten deshalb die seit Jahren verfeindeten Abteilungen nun \u00fcbergreifend zusammen? Entsteht dadurch ein organisationsweites Verst\u00e4ndnis, was Digitalisierung \u00fcberhaupt bedeutet? W\u00fcrde man die angestrebte Teilnahme an der Olympiade ebenso angehen, also nur dar\u00fcber sprechen und weitermachen wie bisher? Ein Pl\u00e4doyer f\u00fcr die analoge Transformation.<\/strong><\/p>\n Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Banken m\u00f6chten innovativer werden, daher wird an vielen Stellen \u00fcber die Digitalisierung philosophiert. Diese Diskussionen haben bisher jedoch nur wenige innovative Konzepte am Markt hervorgebracht. Blickt man auf die Prozesswelten, so geht die Digitalisierung der einzelnen Prozesse auch nur schleppend voran. Ma\u00dfnahmen wie OSPlus neo der S-Finanzgruppe gehen in die richtige Richtung und zeigen erste Wirkungen. Um die Digitalisierung zu meistern, ist es jedoch erforderlich, die Lebenswelt des Kunden zu verstehen. Diese Ver\u00e4nderung hat nur sehr wenig mit Digitalisierung zu tun, viel mehr sind noch einige Grundvoraussetzungen notwendig, um \u00fcberhaupt erste Schritte in Richtung Digitalisierung gehen zu k\u00f6nnen. Digitalisierung bedeutet im Verst\u00e4ndnis des Autors zweierlei: zum einen die Lerngeschwindigkeit der Mitarbeiter und des Unternehmens erh\u00f6hen, also durch \u201etry and error“ Verbesserungen auszuprobieren, statt in langwierigen Projekten dar\u00fcber zu diskutieren; zum anderen, schnell und unkompliziert in der Kundeninteraktion zu sein. Daf\u00fcr ist es notwendig, nicht nur die Prozesse zu digitalisieren, sondern die gesamte Organisation neu auszurichten. Dies wird in diesem Artikel mit der analogen Transformation beschrieben und fasst dabei die vorab notwendigen drei Schritte zusammen:<\/p>\n Spricht man heute mit Start-ups \u00fcber ihre Kunden, so bekommt man meist eine Vielzahl an Zahlen und Steuerungsgr\u00f6\u00dfen genannt. Deren Fokus, gerade bei neuen Finanzierungsrunden, ist das Gewinnen einer ausreichend gro\u00dfen und potenzialstarken Kundengruppe. Daher wird sehr viel Zeit daf\u00fcr verwendet, Kunden noch besser zu verstehen, die eigene L\u00f6sung darauf auszurichten, um noch mehr Kunden zu gewinnen. Fokus ist immer der Kunde und die Weiterentwicklung des Produkts. Somit entsteht eine meist sehr feingliedrige Definition von Kundenzielgruppen, die wiederum auf meist nur ein Produkt, z.\u00a0B. eine App, treffen.<\/p>\n In der Bankenwelt ist es fast genau umgekehrt, bis auf eine nach Alter, Einkommen und Verm\u00f6gen abgestufte Kundensegmentierung ist die Definition von Kunde sehr einfach.<\/p>\n Nur wenige Informationen sind bekannt, Kennzahlen sind meist auf dem Niveau \u201eAnzahl Privatkunden, Firmenkunden, Gesch\u00e4ftskunden“. Dieses Verst\u00e4ndnis trifft dann auf ein sehr vielf\u00e4ltiges Produktuniversum. Doch warum sucht der Kunde \u00fcberhaupt Kontakt zu einer Bank? Welche Kontaktkan\u00e4le bevorzugt er f\u00fcr welche Fragestellungen? Welche Unterschiede, je nach Alter, Bildungsstand, Einkommen und Pers\u00f6nlichkeit, gibt es? Mit welcher Erwartungshaltung tritt der Kunde einer Bank gegen\u00fcber? Auf diese und weitere Fragen finden sich in der Praxis meist keine oder nur sehr rudiment\u00e4re Antworten. Doch wie soll eine Transformation des Gesch\u00e4ftsmodells erfolgen, wenn nicht bekannt ist, welche Kundenanforderungen vorhanden sind? Mithilfe regelm\u00e4\u00dfiger Kundenbefragungen und Fokusgruppen k\u00f6nnen Antworten auf diese Fragen gefunden werden. Gleichzeitig bietet die Analyse der Zahlungsverkehrsdaten ebenso interessante Erkenntnisse, hierzu ist das Einverst\u00e4ndnis des Kunden erforderlich. Erkennt der Kunde f\u00fcr sich einen Mehrwert, ist er bereit, dieses Einverst\u00e4ndnis zu geben. Dies beweisen die Kundenzahlen einiger FinTechs aus dem Financial-Planning-Bereich.<\/p>\n Die meisten Institute haben \u00dcberkapazit\u00e4ten in der Mitarbeiterschaft. Dies f\u00fchrt zu Einstellungsstopps und einer rein internen Stellenbesetzung. Somit schmort die Organisation \u201eim eigenen Saft\u201c, das Einbringen frischer Ideen oder das Hinterfragen von Arbeitsweisen findet nur selten statt, denn \u201eman hat es ja schon immer so gemacht\u201c. Gleichzeitig hat sich das Berufsbild einer Bank komplett gewandelt. Heute werden weniger die zahlenfixierten, genauen Buchhalter gebraucht, sondern viel mehr extrovertierte, kreative und vor allem empathische Mitarbeiter. Die Entwicklung dieses neuen Selbstverst\u00e4ndnisses ist eine der gr\u00f6\u00dften Herausforderungen. Allein die fr\u00fchere Bankensprache, wie z.\u00a0B. Kreditgew\u00e4hrung, \u00a0spricht B\u00e4nde \u00fcber das damalige Selbstverst\u00e4ndnis. Heute werben zahlreiche Anbieter um die Gunst des Kunden, weswegen Empathie gefragt ist, damit beim Kunden das Gef\u00fchl entsteht, willkommen zu sein. Diese Neuausrichtung beginnt bei Anschreiben und Vertr\u00e4gen, die in Kundensprache formuliert sein sollten und deren Verstehen nicht eine juristische Grundausbildung voraussetzt. Egal, \u00fcber welchen Kontaktpunkt eine Anfrage kommt, die Antwort muss immer \u201eEs ist mir eine Freunde, Ihnen zu helfen\u201c sein.\u00a0 Damit sind nicht nur die Worte gemeint, im Gegenteil, viel besser ist es, wenn man nicht dar\u00fcber sprechen muss, sondern der Kunde es einfach durch die Art und Weise der Behandlung merkt. Vergleichen Sie mal den Besuch eines Nespresso-Gesch\u00e4fts mit dem einer Bankfiliale, dann sp\u00fcren Sie sehr schnell den Unterschied.<\/p>\n Wenn \u00fcber Digitalisierung gesprochen wird, spricht man oft von der Digitalisierung von Prozessen. Voller Euphorie nehmen sich Banken gleich die komplexesten Prozesse vor, um besonders zu zeigen, wie ernst es ihnen mit der Digitalisierung ist. Dabei werden leicht einfache Prozesse, die die Chance auf schnelle Ver\u00e4nderung bieten und gleichzeitig f\u00fcr positive Kundenerlebnisse sorgen k\u00f6nnten, vergessen. Hierzu ein Beispiel:<\/p>\n Betrachten wir den Prozess einer Terminvereinbarung. Wenn der Kunde heute einen Termin beim Kundensupport von Apple, oder in einem Restaurant einen Tisch reservieren m\u00f6chte, klickt er auf die Webseite des Restaurants oder des Arztes, sucht sich einen Wunschtermin aus und bucht diesen mit wenigen Klicks online. Zus\u00e4tzlich erh\u00e4lt er eine E-Mail als Terminbest\u00e4tigung mit einem Anhang zur automatischen \u00dcbernahme in seinen Terminkalender. Betrachtet man den Prozess bei einer Bank zur Terminvereinbarung eines Beratungsgespr\u00e4chs, dann stellt sich die Situation in vielen Instituten wie folgt dar:<\/p>\n Der Kunde ruft \u2013 mangels Onlinekalender \u2013 an und landet in einem zentralen Callcenter. Dort wird ihm ein R\u00fcckruf von seinem pers\u00f6nlichen Betreuer angeboten. Nach dem Warten auf den R\u00fcckruf, kann der Kunde zwar einen Termin vereinbaren, erh\u00e4lt dabei aber keinerlei Terminbest\u00e4tigung, sondern muss den Termin selbstst\u00e4ndig in seinen Kalender eintragen. Terminerinnerungen vor dem Termin finden auch nur selten statt. An diesem Beispiel sieht man, dass die Prozesse vieler Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Banken auch heute noch viel zu sehr auf den Betreuer oder die Filiale zentriert sind. Mit Digitalisierung hat die Ver\u00e4nderung dieses Zustands recht wenig zu tun. Vielmehr geht es um das Nachholen von l\u00e4ngst f\u00e4lligen Prozessverbesserungen, um \u00fcberhaupt erst einmal den Status quo anderer Unternehmen zu erreichen. Erst nach dieser analogen Transformation ist der richtige Zeitpunkt gekommen, Ma\u00dfnahmen zur Digitalisierung einzuleiten. Ein digitaler Prozess, der in einer analogen Organisation durch analog denkende Mitarbeiter ausgef\u00fchrt wird, f\u00fchrt eher zur Verwirrung, da der Kunde bspw. online seinen Kredit beantragen kann, anschlie\u00dfend aber ein Papierberg ausgedruckt werden muss, um den Kredit auch wirklich zu bekommen. Das dadurch entstehende Kundenerlebnis ist grauenvoll.<\/p>\n Die Themen, die innerhalb des Bereichs der Digitalisierung diskutiert werden, sind meist sehr technologielastig. Es wird der gro\u00dfe Wurf gesucht, dabei wird aber h\u00e4ufig vergessen, sich zun\u00e4chst mit dem Naheliegenden zu besch\u00e4ftigen und die Organisation digital denkender zu gestalten. Dies ist aber eben nicht mit \u201eKrawatten abnehmen\u201c getan, sondern hierf\u00fcr sind Mitarbeiter notwendig, die kundenorientiert, \u00fcber Abteilungsgrenzen hinaus denken und agieren, um stets die f\u00fcr den Kunden beste und einfachste L\u00f6sung zu finden.<\/p>\n Mehr zum Thema Handeln, statt Buzzwords lesen Sie\u00a0hier…<\/a><\/p>\n<\/div><\/div><\/div><\/div><\/div>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"","protected":false},"author":3,"featured_media":3079,"comment_status":"open","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"footnotes":""},"categories":[20,25],"tags":[45],"yoast_head":"\n\n