Warum Projekte scheitern

„Wir machen uns auf in die Zukunft!“, „Wir werden nichts unversucht lassen, um uns zukunftsfähig aufzustellen“, mit solchen oder ähnlichen Aussagen beginnen meist Projekte. Einige Monate und Workshops später ist von dieser hohen Energie oftmals weder bei den Projektmitgliedern, noch bei den Führungskräften etwas zu spüren. Workshops werden zäh, Ergebnisse dürftig, Entscheidungen langwierig, der Projektname zum Running Gag. Woran liegt das? 

Jeder kennt Situationen im Leben, in denen Momente des Zweifelns aufkommen. Diese gibt es auch im Projektmanagement. Ein Projekt mit hoher Priorität, welches voller Tatendrang begonnen hat fühlt sich auf einmal „zäh“ an. Aus meiner Erfahrung sind das die drei häufigsten Ursachen:

1.     „Dauert zu lange“

2.     „Kostet zu viel“

3.     „Bringt nichts“

Lassen Sie uns näher hinschauen, was sich diesen Ursachen verbirgt und welche Gegenmaßnahmen es gibt.

„DAUERT ZU LANGE“

Sowohl in der theoretischen Lehre des Projektmanagements, als auch in der Praxis werden Projekte in drei Phasen unterteilt. Die erste Phase, die Analysephase, dient zur Schaffung eines gemeinsamen Verständnisses über die Ausgangssituation. In der zweiten Phase, der Konzeptionsphase, werden Lösungen erarbeitet, um auf Basis der Erkenntnisse der ersten Phase, die gesteckten Projektziele zu erreichen. Diese Lösungen werden in der letzten Phase, der Umsetzungsphase im Unternehmen implementiert. Diese Aufteilung führt gerade bei Projekten mit höherem Aufwand zu einer niedrigen Geschwindigkeit. In der ersten Phase wird keines der Projektziele erreicht, in der zweiten Phase wird nur über die Wege zu den Projektzielen geredet, erst ab der dritten Phase finden spürbare Veränderungen statt. Mitarbeiter außerhalb des Projekts nehmen das Projekt folgendermaßen wahr:

  • Markige Rede des Vorstands sogenannter Kick-Off
  • Ausgewählte Mitarbeiter werden zu Abläufen und Arbeitsinhalten befragt
  • 6-12 Monate hört man nichts mehr über das Projekt

Es entsteht das Gefühl, es passiert nichts und der Vorstand hat „mal wieder den Mund sehr voll genommen“. Diese Zweifel und Gerüchte manifestieren sich durch unzählige Gespräche in der Belegschaft und wenn dann das Projektteam mit der Umsetzung beginnen will, haben sich bereits hohe Widerstände gegen das Projekt formiert. Daher empfehle ich:

  • keine Projektlaufzeiten über 1 Jahr
  • kein starres „Abarbeiten“ eines Projektplans – Stetiges Hinterfragen aller geplanter Aufgaben, ob diese wirklich zur Erreichung der Projektziele notwendig sind.
  • keine Trennung in drei Phasen – Inhalte werden verstanden, durchdacht, entschieden und sofort pilotiert oder umgesetzt.
  • schlanke Projektarchitektur – Brauchen Sie wirklich einen Lenkungsausschuss als Zwischengremium? wozu?
  • kompetentes Projektteam – Zusammensetzung eines Teams, welches die Fachexpertise hat, die Projektziele auf dem kürzesten Weg zu erreichen ggf. Zukauf dieses Wissens.
  • regelmäßige Kommunikation – Laufende Kommunikation über den Projektfortschritt an die Belegschaft.
  • mehr Kreativität – Machen Sie mal eine Projektsitzung im Stehen, an der frischen Luft, im Gehen – neue Wege für neue Lösungen.

„KOSTET ZU VIEL“

Jeder der als Entscheider oder Projektleiter ein Projekt erlebt hat kennt diesen Moment: „Wir benötigen mehr Budget“. Eine sehr unangenehme Situation für alle Beteiligten. Das Projektteam schreibt seitenweise Begründungen, um die notwendigen Beschlüsse vorzubereiten, die Entscheider sind fast gezwungen einer Budgeterweiterung zuzustimmen, da das Projekt sonst „an die Wand fährt“. Mögliche Ursachen:

  • fehlende Klarheit in den Projektzielen – Ziele sind schwammig definiert und nicht mit klaren Fortschrittskriterien hinterlegt, an denen man erkennt, ob man voran kommt – das Projektvorgehen folgt keinem klarem Erfolgskonzept
  • unnötige Aufgaben wurden erledigt – Wie oben erwähnt wurden die Aufgaben im Projektplan nicht auf Sinnhaftigkeit überprüft, sondern „abgearbeitet“, so finden sich Mitarbeiter in Workshops wieder, wo so recht niemand mehr weiß, was das eigentliche Ziel ist, man trifft sich, weil es im Projektplan steht
  • Entscheidungsprozesse dauern zu lange – Entscheidungen werden nicht, nicht im gewünschten Umfang oder zu spät getroffen. Die Projektgruppe arbeitet „im Nebel“, da die Entscheider keine klare Richtung vorgeben
  • Projektumfang wird unterwegs erweitert – „Wenn Sie gerade bei der Überarbeitung der Prozesse sind…“, so oder so ähnlich beginnen Sätze, die ein Projekt aus dem Ruder laufen lassen können. Der Projektumfang erweitert sich schleichend.

Gegenmaßnahmen:

  • klar definierte Projektziel – Kein Projekt ohne einen klar definierten betriebswirtschaftlichen Mehrwert, kein Teilprojekt ohne klares Ziel, kein Ziel ohne klare Fortschrittskriterien.
  • Steuerung nach Fortschritt, nicht nach Aufgaben – Kommen wir unserem Projektzielen näher? Dies ist die einzige Frage zur Steuerung des Projekts, nicht: „Welche Farbe hat Aufgabe 12.3.145?“
  • Stringenz bei Entscheidungen und den Projektaufgaben – klare Vorgaben, Eingrenzungen und stetige, gegenseitige Erinnerung an die Projektziele und Konsequenz bei der Einhaltung der Aufgaben erfordert schlicht Disziplin. Für während des Projekts entstehende neue Aufgaben, werden neue Projekte aufgesetzt bzw. der Projektauftrag -vor Budgetknappheit- formell erweitert.

„BRINGT NICHTS“

Die letzte Ursache hat sehr manigfaltige Hintergründe. Ich habe einige Projekte erlebt, in denen mich die Mitarbeiter darauf hingewiesen haben, bestimmte vergangene Projekte nicht anzusprechen, weil Sie für den Vorstand „rote Tücher sind“, man erinnere sich schmerzlich an den Nichterfolg dieser Maßnahmen. Es ließen sich unzählige Gründe finden, warum Projekte im Gesamten scheitern können. Ich möchte mich auf zwei fokussieren:

  • kein betriebswirtschaftlicher Mehrwert als Projektziel definiert – Häufig sehe ich Projektziele wie „Neuausrichtung des Vertriebs“ oder „Umsetzung der Vertriebsstrategie der Zukunft“, die erste Frage, die ich meinen Kunden dazu stelle ist: Wozu? Was soll anders sein und woran merkt man, dass das Projektziel erreicht ist? Viele Projektaufträge sind unklar und schwammig formuliert, sodaß kein fokussiertes Erreichen eines Ziels Ergebnis ist, sondern die Erledigung der definierten Aufgaben. Doch grüne Ampeln im Projektplan, ändert noch nichts in der GuV.
  • Ergebnisse „versanden“ – es entsteht kein Umsetzungs-Momentum, Ergebnisse und Entscheidungen werden zerredet, torpediert, ignoriert. Der Grund ist immer gleich, fehlende Stringenz und Konsequenz im Management, das Verhalten wird einfach geduldet.

Gegenmaßnahmen:

  • kein Projekt ohne klar quantifizierten betriebswirtschaftlichen Mehrwert – Projekte werden ins Leben gerufen, um das Unternehmen erfolgreicher zu machen, wie bemisst sich dieser Erfolg?
  • Begleitung der Veränderungen  – Häufig erfolgt die Umsetzung ebenso technokratisch, wie die Konzeption der Lösungen, ein anziehendes Zielbild für die Mitarbeiter fehlt. Wie schaut der Alltag im Unternehmen aus, wenn die Projektinhalte umgesetzt sind? Was ist anders als heute? Woran merken wir, dass wir unsere Ziele erreicht haben? Denken Sie an private Situationen, wenn Sie sich vorstellen wie schön das Gefühl ist, wenn Sie Ihr Ziel z.B. 5 kg abzunehmen erreicht haben oder wie es ist, wenn Sie das neue Auto fahren, entsteht Vorfreude auf das Ziel. Diese Freude lässt uns den Weg dorthin leichter gehen.

Ich wünsche Ihnen Projekte voller Momentum und Flow.

Über den Autor: Prof. Dr. Jürgen Weimann

Dr. Jürgen Weimann ist einer der führenden Managementberater für Zukunftsfähigkeit durch wirkungsvolle Führung und kompromisslose Kundenzentrierung mit Schwerpunkt im Sparkassen Consulting & Bank Beratung.

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