Vorsicht Veränderungselefant – die selbsterfüllende Prophezeiung bei Change
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In Transformationsprojekten wird häufig der Fehler gemacht, dass ein Großteil der Kommunikation sich um Begriffe wie „Veränderungen“ und deren „große Auswirkungen“ oder gar um „harte Einschnitte“ dreht. So entsteht unterbewusst eine Spirale des Negativen. Was es bei der Kommunikation zu beachten gilt.
Die Vorstandsvorsitzende tritt vor die Kamera. Bereits an der Mimik ist für die Zusehenden erkennbar: die Lage ist ernst. Der erste Eindruck bestätigt sich. „Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir stehen vor dem größten Umbau unserer Unternehmensgeschichte“, eröffnet sie ihre Rede. Es folgen verschiedene Präsentationsfolien, die stets dasselbe, nur in anderer Darstellung, zeigen: die Ergebnisse sinken signifikant. „Harte Einschnitte“ seien nun nötig und „das braucht die Anstrengung aller“. Wäre es eine Präsenzveranstaltung, könnte man die Stille und das Sinken der Stimmung im Raum spüren. „Es wird nicht leicht werden. Es wird zu Fehlern kommen, an manchen Stellen werden sich hitzige Diskussionen ergeben, der Weg wird steinig sein.“ Nun ist auch bei den letzten Mitarbeitenden die Hoffnung auf einen positiven Ausgang geschwunden. Auch der Abschlussappell im Stile von „Wir schaffen das“ kann die Stimmung nicht mehr retten.
So oder so ähnlich laufen manche Kommunikationen ab. Sämtliche Inhalte der akribisch vorbereiteten Rede sind bestens recherchiert und validiert. Die betriebswirtschaftliche Situation in vielen Finanzinstituten ist besorgniserregend, da gibt es nichts zu beschönigen. Gleichzeitig ist die Nachfrage nach Finanzdienstleistungen aktuell auf dem Höchststand der letzten Jahre.
Der Großteil der Top 20 der Buch-Beststellerlisten sind Finanztitel. Auch Finanz-Podcasts und -Publikationen haben den Markt nahezu überschwemmt. Neo-Broker haben eine Vielzahl von Kunden für die Anlage in Wertpapieren gewonnen. Vergleichsportale und Vermittlerplattformen melden Erfolgszahlen und Finanzstudien zeigen, dass Menschen einen hohen Anteil ihrer monatlich frei verfügbaren Liquidität für Finanzprodukte ausgeben. Es ließen sich noch viele weitere Beispiele finden.
Die Macht der Emotionen
Nach der Rede unserer konstruierten Vorstandsvorsitzenden stellt sich eine Frage: Mit welchem Gefühl gehen die Mitarbeitenden am nächsten Tag an ihren Arbeitsplatz? Und was bedeutet das für das Anpacken im Projekt?
Angst, Schuld, Scham – diese Emotionen bremsen uns. Freude, Hoffnung, Zuversicht hingegen beflügeln uns. Welcher Fokus wurde in der Rede gewählt?
Je häufiger das Narrativ gestärkt wird, dass die „Herausforderungen mannigfaltig“ sind und es nun „ernst“ werden wird, desto mehr bremsende Emotionen entstehen in der Belegschaft und desto schwieriger wird der Veränderungsprozess. Der Elefant im Raum wird täglich größer, da der Großteil der Belegschaft sich auf die „riesigen Herausforderungen“ fokussiert und auf die Themen, die vermeintlich die förmlich angedrohten „hitzigen Diskussionen“ auslösen. Dabei werden all die sich ergebenden Chancen entweder komplett übersehen oder nur in Teilen erkannt und für die Zukunftsfähigkeit genutzt.
Veränderung muss nicht schwer sein
Um nicht anders als gedacht verstanden zu werden: Dies ist kein Appell, Informationen zu verschweigen oder Dinge schönzureden. Vielmehr geht es um die Ausgewogenheit und die bewusste Wortwahl. Wenn wir etwas als „besonders schwer“ titulieren, ist die Wahrscheinlichkeit, dass es schwer wird, sehr hoch. Jemand, der hingegen nicht schon vorab gesagt bekommen hat, dass es schwer wird, erkennt Chancen, nutzt diese und erfährt dadurch viel eher Leichtigkeit und Zuversicht.
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