Unternehmenszynismus – wenn viel gepredigt, aber nichts verändert wird

Kulturwandel ist in aller Munde. Mit dem Reden ist es jedoch nicht getan. Auch nicht mit #gerneperDU, Hoodies oder Sneakern. Manche Initiativen erzeugen statt Flow vor allem eines: Frust. Betrachten wir hier einmal die Dunkelseite des Kulturwandels: den Unternehmenszynismus.

„Wir haben vor zwei Jahren begonnen, an unserer Unternehmenskultur zu arbeiten – jetzt würden wir gerne mit Ihnen daran weiterarbeiten.“

„Das freut mich zu hören. Danke für Ihr Vertrauen. Was haben Sie denn bisher erreicht?“

„Leider viel zu wenig und in Teilen ist alles beim Alten – trotz größter Anstrengungen, vieler Events und breiter Einbindung eines Großteils der Belegschaft.“

Gespräche dieser Art führe ich aktuell viele. Nach dem Zeitalter der Agilität hat nun die Zeit Ex-Kulturwandel begonnen. Das ist traurig. So wie es auch schon bei Vertriebssparkasse, Qualitäts-Sparkasse, Kundensparkasse, agile Sparkasse und digitale Sparkasse traurig war. Viel gemacht, nur wenig erreicht.

Hierbei möchte ich betonen, dass es zahlreiche Beispiele in der S-Finanzgruppe gibt, wo Initiativen dieser Art großartige Erfolge zeigen. Es gibt jedoch auch die Gruppe derer, die eben ernüchtert ist. Der Vollständigkeit halber sei auch die Gruppe der Institute zu nennen, die an keinem dieser Managementtrends teilgenommen haben – mit höchst unterschiedlichen betriebswirtschaftlichen Auswirkungen.

Zynismus entsteht als verschärfte Form der Unzufriedenheit

Der Schwerpunkt dieses Artikels liegt jedoch auf dem Thema des Unternehmenszynismus. Dieser entsteht, wenn sich Mitarbeitende schlicht und drastisch ausgedrückt verarscht fühlen. Vielleicht haben Sie meinen Artikel über die organisatorischen Widersprüche gelesen (Link); hier habe ich auf die Notwendigkeit von Kongruenz zwischen Gesagtem und Erlebtem im Unternehmen hingewiesen. Zynismus entsteht als verschärfte Form der Unzufriedenheit.

Hoodies, #gernperDu und Sneaker ergeben nur Sinn wenn sich auch am Rahmen etwas ändert

Menschen erleben zum Beispiel Hoffnung. Da ist der neue Vorstand, der davon spricht, dass nun „alte Zöpfe abgeschnitten werden“ oder „eine Kultur der Transparenz und Freude sein Ziel ist“. Wenn diesen Worten jedoch keine Taten folgen und für die Mitarbeitenden der Arbeitsalltag gleich bleibt, entsteht im besten Fall Unzufriedenheit, im mittleren Fall Frust und im schlechtesten Fall Zynismus; alles Emotionen, die sich direkt negativ auf die Arbeitsleistung auswirken.
Das „Du“, der Hoodie, die Sneaker oder das World-Cafe ergeben erst dann Sinn, wenn sich an der Art und Weise der Zusammenarbeit und des direkten Arbeitsumfelds etwas ändert. Hierzu braucht es vor allem:

  • Vorbildwirkung des Top-Managements: Das Top-Management muss den Wandel aktiv unterstützen und die Unternehmenswerte verkörpern. Wenn Führungskräfte nur Lippenbekenntnisse abgeben, werden Mitarbeitende dies erkennen und den Glauben an den Wandel verlieren.
  • Schaffung neuer Strukturen, Abläufe und Prozesse: Darüber hinaus müssen Strukturen, Abläufe und Prozesse angepasst werden, um Veränderungen überhaupt nachhaltig ermöglichen zu können. Ein Beispiel: Sie können noch so oft von Eigenverantwortung sprechen und Trainer/Coaches für Mindset beauftragen; wenn das bestehende Kompetenzsystem eigenverantwortliche Entscheidungen nicht möglich macht, führt all das ins Leere.
  • Einbindung von Mitarbeitenden: Ein weiterer Punkt ist die Einbindung der Mitarbeitenden in den Veränderungsprozess. Sie sollten nicht nur informiert, sondern auch aktiv in die Gestaltung des Kulturwandels einbezogen werden. Dies schafft nicht nur ein Gefühl der Zugehörigkeit, sondern fördert auch die Akzeptanz und Umsetzung der Veränderungen.

Die Denkrichtung ist: Wie müssen wir unser Institut organisieren, damit nichts anderes als das gewünschte Verhalten entstehen kann? Das ist zunächst anstrengender, als ein Mindset-Coaching zu buchen, wird sich jedoch zigfach mehr lohnen.

Über den Autor: Prof. Dr. Jürgen Weimann

Dr. Jürgen Weimann ist einer der führenden Managementberater für Zukunftsfähigkeit durch wirkungsvolle Führung und kompromisslose Kundenzentrierung mit Schwerpunkt im Sparkassen Consulting & Bank Beratung.

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