Sparen ist keine Strategie – vier Thesen für ein erfolgreiches Kostenmanagement
Gerade die zunehmende Digitalisierung stellt zahlreiche Geschäftsmodelle vor große Herausforderungen. Die strategische Antwort vieler Vorstände und Geschäftsführer lautet: „Wir müssen sparen, es sind harte Zeiten“. Die darauffolgenden Maßnahmen sind oftmals mehr als abenteuerlich. Die zwei schlimmsten Ansätze sind die Pauschal-Methode z.B. „20% Reduktion der Kosten in allen Bereichen“ oder die Stauwall-Methode „ab jetzt sind alle Kostenbudgets eingefroren“. Beide Ansätze sind unsinnig, denn das Ergebnis stets gleich: Stillstand und somit noch größere Probleme.
Ja, die Zeiten haben sich verändert. Kein Unternehmen kann und will es sich leisten unsinnige Ausgaben zu tätigen. Somit erscheint es nur logisch sämtliche Kosten „mit spitzer Feder“ zu kalkulieren und zu hinterfragen. Bis hier hin gibt es nichts zu beanstanden, es sollte das Handeln eines jeden ordentlichen Kaufmanns sein. Es gibt nur drei Gründe zum Kosten sparen:
- Sanierung– Das Unternehmen steht vor der Insolvenz.
- Effizienzsteigerung – Erhöhung von Margen / Gewinnen.
- Innovation – Freiraum für notwendige Investitionen schaffen.
Dieser Artikel bezieht sich bewusst nicht auf den ersten Fall, da hier vor allem schnelle Lösungen gefragt sind, damit das Unternehmen wieder an Boden gewinnt. Ich möchte mich dem in die Zukunft gerichtetem Kostenmanagement widmen.
Die Umsetzung der „spitzen Feder“ erfolgt in den meisten Fällen über Kostenbudgets. Innerhalb einer Jahresplanung werden Projekte / Maßnahmen vorgeschlagen, diskutiert, priorisiert und zuletzt quantifiziert. Klingt sinnvoll ist es aber meist nicht, vier Thesen für ein sinnvolleres Kostenmanagement:
ANREIZ AUCH FÜR BUDGETUNTERSCHREITUNGEN BIETEN
In den meisten Unternehmen funktioniert Budgetverantwortung so: Bleibt man innerhalb des vereinbarten Budgets, hinterfragt niemand mehr die einzelnen Ausgaben, überschreitet man das Budget, wird es unangenehm. Spart man Budget, wird im nächsten Jahr reduziert.
Die Lehre hieraus: „Das gesamte Budget einhalten, aber unbedingt ausgeben.“ Vielleicht kennen Sie in diesem Zusammenhang folgende Aussagen:
- „Wir haben noch ein freies Budget von x € , dieses müssen wir noch in diesem Jahr ausgeben, sonst wird es uns für das nächste Jahr gestrichen.“
- „Die vorgeschlagene Maßnahme ist sehr sinnvoll für unseren Erfolg, doch leider haben wir dafür kein Budget geplant, lassen Sie es uns doch für die nächste Jahresplanung vorschlagen.“
Vereinfacht besteht der Zweck des Unternehmens darin, alle Maßnahmen darauf auszurichten, die Unternehmensziele zu erreichen und dadurch der Vision des Unternehmens immer näher zu kommen. Beide Haltungen führen jedoch zum Gegenteil, im ersten Beispiel finden Ausgaben statt, die nicht notwendig sind, im zweiten Beispiel werden sinnvolle Ausgaben verhindert. Ein Abgleich mit der Vision / Mission / Strategie findet in beiden Fällen ebenso wenig statt. Ich empfehle hier eine hybride Strategie, Jahresplanung mit Budgets, gleichzeitig aber Flexibilität, dies gelingt vor allem durch eine nicht zu niedrige Planungsebene (z.B. Kundenmarketing – nicht: Prospekte) und kein weiteres runterbrechen mehr auf einzelne Mitarbeiter, verbleib der Budgets auf Ebene Abteilung. Bei Ausgaben sollte nie pauschal („ist ja eh im Budget und Budget muss weg“), sondern immer einzelfallbasiert, im Kontext mit der strategischen Ausrichtung entschieden werden. Dies setzt eine gemeinschaftliche Kommunikationskultur voraus und das jeder Mitarbeiter die strategische Richtung des Unternehmens kennt. Gleichzeitig aber auch eine andere Haltung des Top-Managements im Umgang mit Budgetüber- oder unterschreitungen. Für ein reines Lesen und von Kostenplänen braucht man keine Führungskräfte, dass können Algorithmen kostengünstiger.
SINNVOLLES KOSTENMANAGEMENT HEISST NICHT ÜBERALL SPAREN
Meist erfolgen Kostenanalysen, nach Kategorien, Abteilungen, Ressorts, dies erledigen häufig externe Berater, durch das liefern von Benchmarkwerten zu den jeweiligen IST-Werten. Nun beginnt das Gefeilsche zwischen Top-Management und Führungskräften. Teilweise kostet die Zeit des Feilschens mehr, als das mögliche Einsparpotenzial einzelner Position ist. Daraus folgt dann ein Katalog an Sparmaßnahmen, oder die eingangs erwähnten Maßgaben der pauschalen Maßnahmen.Ich empfehle bei sämtlichen Kostenmaßnahmen zuvor folgende Fragen zu beantworten:
- Welche Erlöse stehen diesen Kosten gegenüber?
- Handelt es sich dabei um fixe oder variable Kosten?
- Welche Auswirkungen haben Kostenreduzierungen für den Kunden?
- In welchem Kontext stehen diese Kosten zu unserer Vision / Mission / Strategie?
Ein Beispiel zur Verdeutlichung: Problem sind im Branchenvergleich hohe Druckkosten für Ausdrucke in den Bankfilialen – die Antworten:
- Erlöse –> Provisionserlöse aus abgeschlossenem Kundengeschäften
- Kostenart –> variable Kosten
- Auswirkungen Kunde –> Je nach Reduzierungsform: 1) keine Ausdrucke der Angebote mehr, 2) Ausdrucke mit niedrigerer Qualität z.B. s/w oder billigerem Papier
- Kontext Vision –> „Wir wollen unsere Kunden durch Qualität begeistern.“ –> Angebotsausdruck ist für den Entscheidungsprozess des Kunden relevant –> Eine Reduktion entspricht nicht der Vision des Unternehmens und ist daher nicht sinnvoll.
Dies kann man für jeden Kostenblock durchführen und bekommt somit innerhalb nur weniger Workshops einen Überblick über strategiekonforme Kostenpotenziale. Voraussetzung für diese Vorgehensweise ist ein klarer Unternehmenszweck (Vision), an dem sich die Führungskräfte orientieren können. Sonst wird insbesondere der Punkt 3 und 4 zur Märchenstunde, denn es geht bei dieser Vorgehensweise nicht um die Rechtfertigung von Kosten der Vergangenheit, sondern die bewusste strategische Entscheidung für die Zukunft, diese kann sich nur an der Vision orientieren und ist somit nicht von der Verhandlungskunst von Personen, sondern von der Vision abhängig. Anderenfalls tritt ein weiteres Phänomen auf, dass es auch bei der Vertriebsplanung gibt: Der beste Verhandlungsführer diskutiert die Ziele in seine persönliche Wunschrichtung. Für alle Kostenblöcke gilt: pauschale Aussagen sind nie zielführend.
NICHT DIE ERLEDIGUNG VON AUFGABEN CONTROLLEN, SONDERN DIE ERGEBNISWIRKUNG
Nachdem die Analyse, die Verhandlung und Entscheidung über die möglichen Kostenpotenziale stattgefunden haben, folgt die Umsetzung. Je nach Kostenart sind unterschiedliche Umsetzungszeiträume notwendig, da z.B. Verträge langfristig geschlossen sind, oder es um Personalkosten geht, für deren Realisierung ein Sozialplan oder andere Maßnahmen notwendig sind. Allen Kosten gemein ist die Überführung in ein Controllingtool, indem die Aufgaben zur Umsetzung kontrolliert werden. Der dann eintretende Effekt ist menschlich und wir alle kennen ihn ebenso aus der Tagespresse: Wenn ein Thema nicht mehr auf der Titelseite steht, verschwindet es vom „Radar“. So ist es leider oftmals auch bei Kostenprojekten, nach mehreren Monaten sind zwar einige „Ampeln auf grün“, blickt man in die Gewinn-und-Verlust-Rechnung, hat sich aber weniger verändert, als ursprünglich prognostiziert. Die Gründe sind mannigfaltig, z.B. werden neue Stellen beschlossen, die zum Zeitpunkt der Analyse noch nicht vorhanden waren. Für alle Veränderungen kann es Gründe geben, doch oftmals finden diese Entscheidungen innerhalb der Ressorts / Abteilungen statt und der übergreifende Kostenmanager bekommt davon erst nach Analyse der GuV etwas mit. Daher empfehle ich die Ergebniswirkung regelmäßig zu controllen und nicht die Erledigung von Aufgaben.
NEBEN KOSTENPOTENZIALEN IMMER AUCH ERTRAGSPOTENZIALE NUTZEN
Reine Kostenprojekte mögen zwar sinnvoll erscheinen, sind es aber nicht. Das Ergebnis ist meistens ein gehobenes Kostenpotenzial, aber leider oftmals auch eine erdrückende Stimmung in der Belegschaft und im schlimmsten Fall ein verschlechtertes Kundenerlebnis. Ein aktuelles Beispiel ist hier AirBerlin. Kosten sind ja nicht per se ein Problem, im Gegenteil, sie sind wichtiger Bestandteil der Wertschöpfung. Daher ist ein Kostenproblem immer auch ein Erlösproblem, aus diesem Grund empfehle ich den integrativen Ansatz, die Analyse von Erlösen und Kosten. Dieses Vorgehen bietet die besten Chancen, nicht nur eine Stimmung der Konsolidierung zu erzeugen, sondern ebenso eine Aufbruchsstimmung. Gleichzeitig ist es für den Kunden auch leichter verständlich, wenn sich Leistungen verändern, aber nicht nur Leistungen gestrichen werden, sondern neue Leistungen hinzukommen und dadurch ein komplett neues Preis-/Leistungsverhältnis entsteht.
Bezogen auf Banken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken, heißt dies nicht nur „Sparen“ indem man Filialen schließt, Sachkosten reduziert und Preise und Provisionen erhöht, sondern beidhändig agieren, um sowohl Ertragschancen als auch Kostenpotenziale zu nutzen. Nur so schafft man Freiräume für Investitionen in neue Geschäftsfelder oder Serviceleistungen.
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