Sechs Schritte zur Entfaltung der Vertriebspower in Sparkassen und Genossenschaftsbanken
In regelmäßigen Abständen überarbeiten Sparkassen und Genossenschaftsbanken, meist orientiert an der Projektplanung der Verbände, ihre Vertriebsstrategie. Während bei den Sparkassen im letzten Jahr vorwiegend die Vertriebsstrategie der Zukunft für Privatkunden im Fokus stand, beginnt nun die Umsetzung für Firmenkunden. Die Genossenschaftsbanken haben sich ebenso intensiv mit der zukünftigen strategischen Positionierung beschäftigt. Trotz laufend weiterentwickelter Strategien ist die Steigerung der Vertriebsergebnisse höchst unterschiedlich – sowohl im Vergleich einzelner Institute untereinander als auch im Besonderen im hausinternen Vergleich verschiedener Einheiten und Teilmärkte. Dieser Artikel diskutiert mögliche Ursachen und Lösungswege.
Vergleicht man die Vertriebskonzepte der Dachverbände und der regionalen Verbände, sind zahlreiche Wiederholungen erkennbar. So werden z. B. Kunden seit Jahren segmentiert, die Bedeutung von Führung wird herausgestellt oder die zugehörigen Beratungsprozesse des S-Finanzkonzepts oder der genossenschaftlichen Beratung weiterentwickelt. Wirklich neu ist meist eine Verlagerung von Tätigkeiten, die früher zentral erledigt wurden und die nun dezentral erfolgen sollen oder umgekehrt. Blickt man auf die Zielerreichung der einzelnen Institute und Mitarbeiter, ergeben sich signifikante Unterschiede. Ich möchte diesen Artikel auf das einzelne Institut fokussieren, da vor allem im übergreifenden Vergleich prozessuale Unterschiede zu Verzerrungen führen. Verzerrungen dieser Art sind bei einem internen Benchmarking ausgeschlossen, da alle Mitarbeiter innerhalb derselben Abläufe und Prozesse agieren. Umso unverständlicher sind hier große Verwerfungen zwischen einzelnen Mitarbeitern, aber vor allem einzelner Filialen. Die vorrangig diskutierten Gründe lauten meist:
- „In unserem Geschäftsgebiet ist nichts mehr möglich.“
- „Bei meinem Kundenstamm ist das Potenzial ausgeschöpft.“
- „Die Vertriebsziele sind viel zu hoch.“
Die Liste könnte man noch beliebig erweitern und ich bin mir sicher, Sie haben gerade weitere Ausreden im Kopf, die Sie schon gehört haben. Wenn diese Aussagen wirklich stimmen würden, läge die Zielerreichung beim Vergleich der einzelnen Vertriebseinheiten auf dem Mittel. Dies ist aber nur in den seltensten Fällen der Fall. Sowohl bei der Betrachtung einzelner Mitarbeiter als auch beim Vergleich einzelner Einheiten ergeben sich drei Drittel. Das erste Drittel verfügt über eine Zielerreichung von 100 oder über 100 % und sorgt für die Erreichung von 70 bis 80 % der Gesamthausziele, das zweite Drittel bewegt sich bei einer persönlichen Zielerreichung nahe der 80 % und das dritte Drittel hat eine Zielerreichung von unter 50 %. Die Ursachen hierfür sind meist ebenso vielfältig wie die Ausreden und Erklärungen der Mitarbeiter. Im Folgenden gehe ich von fähigen Mitarbeitern aus, deren Können und Wollen vorhanden ist. Mitarbeiter, die nicht können, sind zu befähigen, Mitarbeiter, die nicht wollen, langfristig zu ersetzen. Ich möchte mich in der Folge vor allem zwei Hauptursachen für unterschiedliche Zielerreichungen widmen:
- Die Führung kann ihre Wirkung nicht entfalten.
- Mitarbeiter verstehen die Bedeutung und Zusammenhänge zwischen Zielerreichung und Strategie nicht.
Die Führung kann ihre Wirkung nicht entfalten
Ein wettbewerbsfähiges Produkt- und Leistungsangebot vorausgesetzt, entsteht Vertriebserfolg aus der Komposition von Wille und Leistung des Mitarbeiters und durch die Unterstützung der Führungskraft. Auch hier wird wieder die Fähigkeit der Führungskraft unterstellt, denn Mitarbeiter können nur dann begleitet und unterstützt werden, wenn ausreichend Zeit für Führung vorhanden ist. Allerdings stellt keine Vertriebsstrategie die Bedeutung von Führung besonders heraus und die gelebte Praxis ist meist immer noch, dass Führungszeit die Zeit ist, die nach Erledigung aller anderen Tätigkeiten übrig bleibt. Kurzum: Die Relevanz und somit Priorisierung von Führung muss geändert werden. In der Praxis ergeben sich vor allem folgende Spannungsfelder, die zu einer niedrigen Führungszeit führen:
- eigene Vertriebstätigkeit
- interne Tätigkeiten wie z. B. Controlling, Kompetenzausübung, Projektarbeit
- bei Flächensparkassen: Fahrzeiten zwischen einzelnen Vertriebseinheiten
Die Führung von Vertriebsmitarbeitern ist kein „Nebenjob“, sondern eine Haupttätigkeit: Die Mitarbeiter pflegen die Kundenbeziehungen und die jeweiligen Führungskräfte pflegen die Mitarbeiter. Nur so können beide Gruppen den größten Mehrwert für die Sparkasse erreichen. Daher ist besonders darauf zu achten, dass Führungsspannen realistisch gerechnet sind, damit ausreichend Zeit für Führung aufgewendet werden kann und gleichzeitig von der nächsthöheren Führungskraft die höchste Priorisierung für die Mitarbeiterbetreuung eingefordert wird.
Mitarbeiter verstehen strategische Zusammenhänge nicht
Analog zu Mannschaftssportarten wie z. B. Fußball, ist eine Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Zusammenspiel, dass alle Beteiligten das Ziel des Spiels kennen. Bei erfolgreichen Mannschaften ist jedem einzelnen Spieler klar, welches Ziel verfolgt wird, welche Funktion er dabei hat und dass der Gesamterfolg mehr zählt als der Erfolg des Einzelnen. Dadurch werden Klarheit und Flexibilität zugleich erreicht, da im Zweifel die Erreichung des Gesamtziels (Spiel gewinnen) bedeutender ist als die Einhaltung der eigenen Funktion („Ich bin Abwehrspieler, auch wenn ich die Chance für einen Torschuss habe.“). Erfolgreichen Sparkassen gelingt dies ebenso: Eine starke Unternehmensvision gibt Orientierung und Sinn, eine klare Strategie, verbunden mit daraus abgeleiteten Zielen, schafft Klarheit und hilft dem Mitarbeiter zu erkennen, welchen Beitrag er zum „großen Ganzen“ leistet.
Wenn Mitarbeitern die Zusammenhänge nicht transparent sind, können diese nur sehr schwer unternehmerisch agieren. Stellen Sie sich die Steuerung eines Unternehmens ohne unterjährige betriebswirtschaftliche Auswertungen vor. Heutige Zielsysteme zeigen dem Mitarbeiter meist nur seine persönliche Zielkarte, doch die Auswirkungen auf die Gewinn und Verlustrechnung der Sparkasse sind nur wenigen Mitarbeitern bekannt. Hier geht es vor allem um Übertragungsleistung der Führungskräfte, die Wirkungszusammenhänge empfängerorientiert aufzeigen, z. B.: Was verdient das Institut an einer Kreditkarte? Welchen Anteil hat die Zielerreichung der Vertriebseinheit/des Mitarbeiters an der gesamten Jahresplanung der GuV? Nur wenn die Mitarbeiter erkennen, welcher Sinn hinter ihrem Wirken steht, entsteht eine andere Identifikation mit der persönlichen Zielerreichung. Doch wie zünden Sie nun die nächste Stufe Ihrer Vertriebspower? Hier die sechs Schritte zur Vertriebsaktivierung:
- Team-Check: Haben alle Mitarbeiter eine Funktion, die dem eigenen Können entspricht?
- Datenevidenz: Clusterung der Vertriebsziele in drei Drittel und Datenanalyse anhand folgender Fragen:
- Welche Unterschiede sind zwischen den besten Einheiten erkennbar? In welchen Zielfeldern?
- Gibt es Sondereffekte, die bei der Bewertung dieser Unterschiede zu berücksichtigen sind?
- Was bedeuten diese Unterschiede in % und €?
- Fokusgruppen: Durchführung von Fokusgruppen mit Mitarbeitern des ersten und letzten Drittels sowie – falls vorhanden – mit Mitarbeitern, die übergreifend tätig sind (z. B. Azubis, Mitarbeiter der Personalreserve)
- Ableitung von Maßnahmen: Bildung von Maßnahmenbündeln aus den Erkenntnissen der Fokusgruppen
- Umsetzung: Start mit einem Teilmarkt (aus dem dritten Drittel) und nach einer dreimonatigen Testphase Ausweitung auf alle Einheiten des mittleren Drittels
- Nachhaltigkeit: Begleitung der Führungskräfte und Mitarbeiter durch ein Umsetzungsteam vor Ort und zentrale Treffen zum gegenseitigen Erfahrungsaustausch
Diese Maßnahme sollte nicht länger als sechs Monate dauern und ich garantiere Ihnen, dass Ihre Erträge die nächste Wachstumsschwelle erreichen.