Erlebnis-Banking: Vier Schritte zum herausragenden Kundenerlebnis

Welche Antworten bekommen Sie, wenn Sie Ihre Freunde und Bekannten nach einzigartigen Erlebnissen mit Dienstleistern fragen? Leider gibt es viel zu wenige Erlebnisse dieser Art, aber wenn wird z.B. ein Restaurantbesuch, ein besonderer Service in einem Hotel oder einer Airline, die Organisation der letzten Reise zitiert – doch hat schon mal jemand von seinem letzten Kontakt mit seiner Bank berichtet? Warum ist das so? Und wie müsste ein solches Erlebnis sein, damit Kunden Ihren Freunden und Bekannten davon erzählen? Hierzu vier Gedanken von mir:

ERLEBNISSE ERZEUGEN

Ein Erlebnis, von dem Kunden gerne erzählen, entsteht immer dann, wenn ein überraschender Moment geschaffen wird, der außerhalb der Erwartungshaltung des Kunden liegt. Erfüllt ein Dienstleister nur die Erwartungen des Kunden, so ist dieser zwar zufrieden, aber es entsteht keine Begeisterung. Somit ist im ersten Schritt erforderlich die Kundenerwartungen zu kennen und diese dann durch die Implementierung von entsprechenden Prozessen zu erfüllen. Diese Erwartungen sind abhängig von sozidemographischen Kriterien unterschiedlich. Fokusgruppenbefragungen oder die Implementierung eines Kundenbeirats, der regelmäßig die Erwartungshaltung spiegelt sind hier empfehlenswerte Instrumente zur Evaluation der Erwartungen. Anschließend gilt es, ein Erlebniskonzept über alle Kontaktpunkte zu erarbeiten. Was erlebt der Kunde mit der Marke aktuell an welchem Kontaktpunkt und wie sähe das Idealerlebnis aus?

UNKOMPLIZIERT UND SCHNELL AGIEREN

Bequemlichkeit steht bei sämtlichen Transaktionen im Vordergrund, daher sind Banken dazu aufgefordert mit der Lebenszeit Ihrer Kunden so sparsam wie möglich umzugehen. Zwei Beispiele – während man ein Konto bei number26 mit nur wenigen Klicks und geringen zeitlichen Aufwand eröffnen kann, dauert es bei den traditionellen Banken meist noch mind. 30 Minuten und ca. 4 Unterschriften. Die Kreditentscheidung bei einem Kauf z.B. im MediaMarkt erfolgt meist schneller, als bei einer traditionellen Bank, hier sind oftmals noch zwei persönliche Termine (zu kundenunfreundlichen Öffnungszeiten) notwendig. Warum sollte sich der Kunde für einen Kredit Urlaub nehmen, den er woanders sofort bekommt. Daher muss das angestrebte Ziel bei allen Prozessen sein, unkompliziert und möglichst beim erstmaligen Kontakt fallabschließend zu handeln. Hierzu ist ebenso eine Erreichbarkeit an mind. 6 Tagen in der Woche notwendig.

BERATUNG AUF AUGENHÖHE

Augenhöhe bedeutet immer auf der Ebene des Kunden und diese kann unterschiedlich sein. Bankmitarbeiter treffen auf einen unerfahrenen Kunden, der sich z.B. zum ersten Mal mit dem Kauf einer Immobilie auseinandersetzt genauso, wie auf einen Kunden, der bereits über eine hohe Vorbildung durch Gespräche mit Wettbewerbern, eigener Erfahrung etc. verfügt. Für die gesamte Bandbreite an Kundenwissen muss der Mitarbeiter in der Lage sein empathisch zu reagieren. Den einen nicht zu überfordern und den anderen nicht zu langweilen. Auch hier ist wieder das Erlebnis entscheidend. Das Erlebnis bei einer traditionellen Bank muss mindestens gleich gut wie bei einer Direktbank oder einem Vergleichsportal sein, im Idealfall besser, doch auf keinen Fall schlechter. Denn warum sollte denn sonst ein rational entscheidender Kunde einen Vertrag mit einer klassischen Bank abschließen, obwohl die Konditionen schlechter als bei den genannten Wettbewerbern ist?

KUNDEN ÜBERRASCHEN

Sämtliche vorangegangenen Punkt entsprechen den Erwartungen der Kunden, doch aktuell leider nicht immer dem Erlebnis mit traditionellen Banken. Doch um auch weiterhin als traditionelle Bank überleben zu können, ist es notwendig die Erwartungen der Kunden zu übertreffen. Dafür sind keine großen Investitionen notwendig, bereits die empathische Reaktion von Mitarbeitern, je nach Kundensituation begeistern vor allem Kleinigkeiten die Kunden z.B. die Gratulation zum 10 jährigen Bestehen der Kontoverbindung (anstatt zum Geburtstag wie 50 andere Dienstleister), die kulante Reaktion bei einer vom Kunden versäumten Frist. Der Kunde sollte sich im Moment der Überraschung fragen „Wie haben die das gemacht? Hätte ich nie gedacht“. Hier zählt vor allem das emphathische Zuhören der Mitarbeiter, vor dem 100%-igem Durchsetzen von internen Regelwerken und die konsequente Nutzung eines CRM-Systems. Dies setzt aber gleichzeitig eine Kultur des Vertrauens untereinander, im Gegensatz zu einer Misstrauenskultur, voraus. Dieses Spannungsfeld ist vor allem im Banking, wo es hohe regulatorische Anforderungen zu erfüllen gilt, eine Herausforderung in der Umsetzung. Gleichzeitig sollten die aufsichtsrechtlichen Anforderungen nicht als Ausrede für hausinterne Versäumnisse verwendet werden.

Am Beispiel einer Immobilienfinanzierung möchte ich Ihnen kurz meine ideale Kundenreise schildern:

Meine Google-Suche nach Finanzierungspartnern führt mich auf ein Vergleichsportal, bei dem auch meine Hausbank gelistet ist. Ein Klick leitet mich auf eine Seite mit allen Informationen, diese sind klar strukturiert, durch Videos animiert und Checklisten erleichtern mir, meine Gedanken zu sortieren (damit meine ich keine Unterlagen-Checklisten für ein Gespräch mit der Bank, sondern Listen, die mir die wichtigsten Punkte im Entscheidungsprozess aufzeigen). Nachdem ich ein paar Beispiele in den Beispielrechnern gerechnet habe, werde ich durch ein Chatfenster angesprochen, ob man mir Fragen beantworten kann. Meine spontan im Kopf schwebenden Fragen werden mir sofort beantwortet und ein Termin angeboten. Für eine Erstberatung reicht mir eine telefonische Beratung, da ich beruflich viel unterwegs bin. Diese findet zu meinem Wunschtermin abends 19 Uhr statt und danach sind alle meine Fragen beantwortet und Gedanken sortiert. Meine Daten konnte der Berater bereits aus den Online-Tools abfragen, somit musste ich nicht von vorne beginnen, meine Wünsche zu erzählen. Am nächsten Tag habe ich schon meine Finanzierungszusage via Email erhalten. Die Vertragsunterzeichnung erfolgt persönlich beim Notartermin, zu dem ein Mitarbeiter meiner Hausbank dazukommt, dies ist die für mich zeiteffizienteste Variante. Gleichzeitig bekomme ich noch einen Gutschein für ein Umzugsunternehmen aus der Region, mit dem meine Hausbank kooperiert und somit günstigere Konditionen für mich als Kunde verhandelt hat. Für etwaige Handwerker bestehen zusätzliche Kooperationen.

Eine Bank der Zukunft sollte, wie jeder Dienstleister -der kein Monopolist ist- einzigartig sein und sich dadurch vom Wettbewerb unterscheiden.

HERZLICHST,

IHR JÜRGEN WEIMANN

Über den Autor: Prof. Dr. Jürgen Weimann

Dr. Jürgen Weimann ist einer der führenden Managementberater für Zukunftsfähigkeit durch wirkungsvolle Führung und kompromisslose Kundenzentrierung mit Schwerpunkt im Sparkassen Consulting & Bank Beratung.

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