Meine zentralen Erfahrungen aus 13 Jahren Arbeit im Homeoffice

Im Zuge der aktuellen Coronavirus-Situation haben viele Unternehmen schnell reagiert und für einen Teil der Belegschaft Homeoffice eingeführt. Viele erleben dadurch nun erstmalig, was es bedeutet, von zu Hause aus zu arbeiten. Seit nunmehr 13 Jahren arbeite ich entweder bei meinen Kunden vor Ort oder im Homeoffice. Mit diesem Artikel möchte ich daher meine ganz persönlichen Erfahrungen hinsichtlich der Arbeit im Homeoffice teilen und hoffe, es dadurch für einige leichter zu machen, produktiv zu sein.

Ich weiß noch genau, als ich das erste Mal vor 13 Jahren von zu Hause aus arbeitete. Es fühlte sich zunächst komisch an. Kein unmittelbarer Kontakt zu Kollegen. Kein direkter Zugriff meiner Führungskraft auf mich. Ich saß allein an meinem Schreibtisch und arbeitete. Eine ungewohnte Situation. Heute, 13 Jahre später, liebe ich diese flexible Form des Arbeitens sehr. Folgendes hat mir dabei geholfen, mein Homeoffice zum produktiven Arbeitsort zu machen:

  • Gestaltung des Arbeitsplatzes
  • Arbeitsatmosphäre
  • Klare Strukturierung des Tages
  • Verhaltensweisen im Homeoffice

Gestaltung des Arbeitsplatzes

Für ein dauerhaftes Arbeiten von zu Hause, war es für mich entscheidend wichtig, mir einen festen Arbeitsplatz einzurichten. Ich setze hier auf mobile Technik durch mein iPad oder MacBook, sodass ich auch mal in der Küche oder auf dem Balkon arbeiten kann, gleichzeitig habe ich aber einen festen Schreibtisch und Arbeitsplatz. Hier darf jeder seine persönlichen Vorlieben finden, aus meiner Sicht ist es jedoch wichtig, einen festen Arbeitsplatz zu haben, an dem man sich wohlfühlt. Mein konkretes Arbeitssetting sieht wie folgt aus:

Ein höherverstellbarer Schreibtisch ermöglicht es mir, sowohl im Stehen als auch im Sitzen zu arbeiten. Ein bequemer Stuhl sorgt für ausreichend „Sitzfleisch“ und entsprechende ergonomische Unterstützung für meinen Rücken. Eine HD-Webcam verhilft zu perfekten Bildern bei Webkonferenzen. Eine Freisprechlösung bietet die Möglichkeit, Telefonate ohne lästiges Kopfhörerkabel oder einen Knopf im Ohr zu führen. Ein großer Monitor sorgt für einen entsprechend großen virtuellen Arbeitsbereich. Sicherlich macht es einen Unterschied, ob es um ein kurzfristiges Arbeiten von zu Hause aus geht, oder, wie in meinem Fall, um einen dauerhaften Arbeitsplatz. Für die kurzfristige Lösung empfehle ich zumindest einen ausreichend großen Tisch und einen bequemen Stuhl als Minimallösung.

 

Arbeitsatmosphäre

Meine bisherige Erfahrung zeigt mir, dass ich im Homeoffice deutlich produktiver sein kann als in einem Büro. Kein „Kannst Du mal kurz schauen?“, kein „Lust auf einen Espresso?“ oder ähnliche Störungen. Sicherlich ist es in der aktuellen Situation herausfordernder, wenn vor allem kleine Kinder ebenso zu Hause sind und Hilfe sowie Aufsicht benötigen. Bei größeren Kindern muss ich immer an die Worte der Autorin des Weltbestsellers „Eat, Pray, Love“, Elizabeth Gilbert, denken: „Bitte stört mich nur, wenn Blut, oder Feuer im Spiel ist. (bis 7 Jahre) Bitte stört mich nur, wenn ihr die Blutung nicht mehr selbst stoppen oder das Feuer nicht selbst löschen könnt. (ab 7 Jahre)“ Mit diesem Augenzwinkern beschreibt sie ihre Vereinbarung mit ihren Kindern beim Schreiben ihrer Bestseller. Ob Sie es wie Elizabeth Gilbert machen oder eine andere Form nehmen – bei größeren Kindern sind klare Vereinbarungen möglich. Im Idealfall gelingt es Ihnen so, eine ungestörte Arbeitsatmosphäre zu haben. Diese sollte vor allem immer das Ziel der Produktivität unterstützen, weniger das der eigenen Leidenschaft. Zum Verständnis ein kleines Beispiel: Ich persönlich liebe es, in der Sonne sitzend zu arbeiten. Gleichzeitig zeigt meine Erfahrung, dass ich in der Sonne deutlich unproduktiver bin als in einem spärlich beleuchteten Zimmer. Daher sitze ich während meiner Arbeitszeit nicht in der Sonne, weil ich weiß, dass das für mich nur wenig mit Arbeit und Produktivität zu tun hätte. Meine konkrete Arbeitsatmosphäre ist wie folgt:

  • Telefon und E-Mail stumm bzw. aus – feste Telefontermine, E-Mails checke ich dreimal täglich (morgens, mittags, abends), mein Handy ebenso
  • Kein Social Media etc.!
  • Kein Arbeiten im Schlafanzug!
  • Hintergrundmusik – brain.fm in Kombination mit meinen Noise-Cancelling-Kopfhörern, die für mich angenehmste Hintergrundmusik (hirnoptimierte Klänge), sorgt für „Arbeitsflow“
  • Ausreichend Wasser zum Trinken
  • Nach jeweils 2 Stunden aufstehen und 5 Minuten Pause machen

 

Klare Strukturierung des Tages

Eine geregelte Struktur hilft, den Arbeitsfokus zu behalten. Zusätzlich wird dadurch jegliche Form von Alternativbeschäftigung erschwert. Ich selbst habe hier zwei strukturgebende Elemente; zum einen die vereinbarte Telefonate oder virtuelle Meetings, zum anderen die für den heutigen Tag definierten Ziele. Jeden Morgen definiere ich die erforderlichen Ergebnisse des jeweiligen Tages. Wenn diese Ziele erreicht sind, endet mein Arbeitstag. Ich nutze hierfür ein Kanban-Board von Trello. Nachdem ich die Ziele definiert habe, teile ich die Aufgaben in entsprechende Blöcke; diese wiederum sortiere ich nach „wenig Hirnkapazität“ und „viel Hirnkapazität“. Aufgaben, die meine volle Denkleistung erfordern, haben Priorität und werden vormittags gemacht, alle anderen Aufgaben ab dem Nachmittag. Durch diese feste Struktur stelle ich sicher, dass Zeit nicht einfach nur vergeht oder z. B. mit „Schein-Arbeit“ wie Recherche im Internet am Vormittag meine wertvolle Hirnleistung schlicht verschwendet wird. Gerade bei Einzelcoachings von Führungskräften erlebe ich immer wieder, dass bei To-do-Listen mit den leichtesten Aufgaben begonnen wird, um sich selbst das Gefühl von Fortschritt zu geben. Rein energetisch ein totaler Wahnsinn, da man so irgendwann zwangsläufig mit sinkender Hirnleistung vor den herausforderndsten Aufgaben steht.

Verhaltensweisen im Homeoffice

Hier gilt für mich: Ich mache nichts, was ich in einem Büro auch nicht tun würde. Ein paar Beispiele: Ich kaufe mittags nicht ein, um dann aufwendig zu kochen und somit 2 Stunden mit der Mittagspause zu verbringen. Natürlich gehe ich manchmal mittags länger essen, weil die Sonne so schön scheint, dies ist aber die absolute Ausnahme und nicht die Regel. Gleiches gilt für meine Freunde und mein privates Umfeld; auch wenn ich daheim bin, bin ich nicht permanent erreichbar und greifbar. Privates lege ich auf die Abendstunden. Hinsichtlich der Struktur gilt für mich ebenso: Natürlich könnte ich gleich morgens beim Edeka stehen und einkaufen. Gleichzeitig würde ich aber so meine produktivste Zeit mit einer Tätigkeit verbringen, die ich mit 1% meiner Hirnleistung immer noch ausführen kann. Also wird auch der Einkauf auf die Zeit nach der Arbeit gelegt.

Hoffentlich helfen Ihnen diese Erfahrungen, die riesigen Produktivitätsvorteile des Homeoffice für sich nutzen zu können. Für mich gibt es keine schönere Form des Arbeitens.

Über den Autor: Prof. Dr. Jürgen Weimann

Dr. Jürgen Weimann ist einer der führenden Managementberater für Zukunftsfähigkeit durch wirkungsvolle Führung und kompromisslose Kundenzentrierung mit Schwerpunkt im Sparkassen Consulting & Bank Beratung.

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