Fusionen bei Banken und Sparkassen: Faktor Mensch – wie aus Eins & Eins Drei wird

Angesichts der angespannten Marktsituation für Banken und Sparkassen entschließen sich immer mehr Institute für eine Fusion. Die Hoffnung, mit größeren Instituten Synergieeffekte zu heben und dadurch eine tragfähigere betriebswirtschaftliche Grundlage zu schaffen, ist groß. Ein Faktor wird dabei jedoch meist unterschätzt: die kulturelle Fusion.

Ein Jahr nachdem ich meine Ausbildung bei der Bayerischen Vereinsbank begonnen hatte, fand die Fusion mit der damaligen Hypo-Bank zur HypoVereinsbank statt. Dies ist nun 24 Jahre her. Vor kurzem entdeckten ein heutiger Sparkassen-Vorstand und ich in einem Gespräch, dass wir eine gemeinsame Historie bei der HVB haben. Daraufhin fragte er mich, ob ich denn ein Ex-BVler oder ehemaliger Hypo-Bänker gewesen sei. 24 (!) Jahre später!

Menschen in Unternehmen sind durch ein unsichtbares Band miteinander verbunden. Ein Band des Wir-Gefühls, ein Band, das bestimmte Verhaltensweisen für gut bewertet und andere ablehnt. Ein Band, das bestimmte Traditionen pflegt und Rituale auslöst. Die Sozialwissenschaften beschreiben dies mit dem Wort Kultur. Kultur kann dazu führen, dass Unternehmen Erfolgsgeschichten schreiben – oder scheitern. Kultur löst höchsten Arbeitseinsatz oder Frustration aus. Im Rahmen eines Fusionsprozesses gilt es, viele Dinge zu regeln. Fusionsgutachten werden erstellt, der Sitz bestimmt, mit den Trägern diskutiert, eine neue Aufbauorganisation definiert, technische Migrationen geplant und noch vieles mehr. Manchmal wird dabei aber übersehen, dass mit der Fusion zwei bestehende und sehr starke Identifikationspunkte, nämlich die Kulturen der beiden Alt-Häuser, zerstört werden. Menschen fallen in eine Art Orientierungslosigkeit, erleiden eine in unterschiedlichen Intensitäten empfundene Identitätskrise, denn „ihr“ Institut existiert nun nicht mehr. Hinzu kommen weitere Veränderungen, vielleicht verändern sich z. B. Aufgabenbereiche und Arbeitsweisen.

Es finden Workshops statt, in denen man bereits am Design des Namensschilds erkennt, wer zu welchem Altlager gehört. In Runden wie diesen wird weniger fachlich diskutiert, das ist nur der Schein; viel mehr werden Kulturkämpfe gefochten. Nicht der beste Prozess steht im Vordergrund der Diskussion, sondern das Bewahren der alten Welt. Daher braucht es neben dem fachlichen, sachlichen und organisatorischen Management der Fusion ein ebenso zielgerichtetes Management der kulturellen Transformation.

Erfolgreiche Fusionen zeigen, dass diese immer auch eine Chance sein können, nicht nur organisatorisch durch Synergieeffekte ein performanteres Institut zu schaffen. In diesem Fall wird aus Eins & Eins wirklich Drei da beide Alt-Kulturen durch eine neue, stärkere Kultur ersetzt werden. Daher gilt der oft gehörte Satz: „Wir kümmern uns nun erstmal um die Fusion und dann um die Kultur“ nicht. Beides ist gleich bedeutend und wichtig und sollte daher von Anfang an in ein Fusionsprojekt integriert werden.

Über den Autor: Prof. Dr. Jürgen Weimann

Dr. Jürgen Weimann ist einer der führenden Managementberater für Zukunftsfähigkeit durch wirkungsvolle Führung und kompromisslose Kundenzentrierung mit Schwerpunkt im Sparkassen Consulting & Bank Beratung.

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