FinTechs vs. Banken – Was Banken nun tun müssen!

Niedrigzinsphase, Kostendruck, Digitalisierung, neue Wettbewerber, Regulatorik. –   Banken befinden sich in einer schwierigen Marktphase, während die Erträge immer geringer werden, gelingt es den Instituten nur schwer Kosten anzupassen und durch neue Innovationen die Ertragslage zu stabilisieren. Die aktuell häufigste Antwort sind Gebührenerhöhungen, die letzte Innovation war die Einführung des Online-Bankings. Zusätzlich sind verschiedene Teile der Wertschöpfungskette des Bankings durch Unternehmen des Technologiesektors sog. FinTechs gefährdet. Während FinTechs versuchen die Kundenbedürfnisse vor allem durch digitale Technologie zu lösen, beschwören die Banken noch immer die Notwendigkeit Ihrer Filialen. Gelungene Kooperationen zwischen einer Bank und einem FinTech existieren bisher nur wenige. Was ist nun zu tun?

In einer von PWC durchgeführten Studie (n=544) gaben 83% der Befragten Bankvertreter an, dass Teile Ihrer bisherigen Wertschöpfungskette durch ein FinTech bedroht sind. Bis 2020 sind 20% des Marktes der Finanzdienstleistungen potenziell gefährdet, vor allem sehen die Probanden das Privatkundengeschäft (73%), den Zahlungsverkehr / Payment (55%) und das Investment / Wealth Management (35%) als besonders gefährdet an. Doch was zeichnet FinTechs im Vergleich zu Banken aus?

Gegenüberstellung FinTech vs. Banken

Beim ersten Blick auf die Tabelle könnte man vereinfacht sagen, „Die einen können das, was die anderen nicht können.“ – hier ein Überblick über den FinTech Markt in Deutschland:

Überblick FinTechs in D - Quelle: www.paymentandbanking.com

Es gibt fast keinen Bereich der Wertschöpfungskette bei Banken, die aktuell nicht von einem FinTech angegriffen wird. Ein zentraler Angriffspunkt der FinTechs ist dabei die konsequente Kundenausrichtung und die Vereinfachung (meist durch den Einsatz von Technologie) der Kundenreise im jeweiligen Geschäftsfeld. Die Besonderheit dabei ist, dass nicht ein neuer Markt generiert wird, wie z.B. durch die Erfindung des iPhones oder iPads, hinter dem Ansatz der FinTechs bleibt es immer „klassisches Banking“. Denn die grundlegenden Kundenbedürfnisse („Kredit bekommen“, „Geld anlegen“, „Bezahlen oder überweisen“) sind auch heute unverändert. Nur der Anspruch an die einfache und intuitive Ausführung hat sich massiv verändert. Während Banken den Kunden für einfache Transaktionen immer noch am liebsten in der Filiale haben würden, lösen FinTechs diese elektronisch. Somit lässt sich folgendes Zwischenfazit ziehen:

  • Die grundlegenden Kundenbedürfnisse im Banking sind unverändert.
  • Der Ansatz von FinTechs ist schneller, einfacher, intuitiver und somit kundenzentrierter.
  • Banken gelingt es aktuell zu wenig, einen Benefit aus der hohen Bestandskundenzahl zu ziehen.

Die Reaktion von Banken auf den Markteintritt von FinTechs ist sehr unterschiedlich:

  • Akquisition: z.B. Kauf der Interhyp AG durch die ING Groep N.V., Kauf von Holvi durch die BBVA – Banco Bilbao Vizcaya Argentaria S.A
  • Beteiligung: B. Beteiligungsmodell der Commerzbank AG mit dem Main-Incubator
  • Kooperation: aktuell die häufigste Form am Markt z.B. Kooperation der DZ Bank mit iZettle, HypoVereinsbank AG mit gini und sum up, zahlreiche Banken mit wikifolio
  • Abwarten: z.B. Sparkassen-Finanzgruppe

Welche Strategie die Beste ist, wird die Zukunft zeigen, doch klar ist, nichts tun ist die schlechteste aller Alternativen. Aus Sicht des Autors bestehen folgende vier hauptsächlichen Handlungsfelder in Bezug auf FinTechs:

KUNDENZENTRIERUNG UND VEREINFACHUNG

Aktuell beschäftigten sich Banken mehr mit der Einhaltung der regulatorischen Anforderungen, als mit ihren Kunden. Natürlich sind die regulatorischen Anforderungen seit der Finanzrkise stetig gewachsen, gleichzeitig sind diese Anforderungen aber auch die „chinesische Mauer“, die die Banken vor einem noch aggressiveren Markteintritt anderer Wettbewerber schützt. Wie dargestellt sind die Kundenbedürfnisse unverändert, nur sind diese nicht mehr mit Prozessen die statt Stunden, Tage und Wochen dauern nicht mehr zu erfüllen. Ein radikales Redesign der Prozesslandkarte und der Vertriebskanäle ist daher notwendig.

DATEN FÜR INNOVATION NUTZEN

Was würde Google machen, wenn es über die Daten verfügen würde, über die Banken heute verfügen? Sicher keine Kalt-Akquisition über das Telefon mit ausgedruckten Listen. Sämtliche Institute verfügen über einen „Datenschatz“ der nur unzureichend genutzt wird. Natürlich herrschen in Deutschland hohe Standards zum Datenschutz, doch dürfen diese kein Feigenblatt sein, Daten nicht intelligent zu nutzen. Warum laden Menschen bei Finanzanalyse-Apps Ihre gesamten Kontodaten auf Server, deren Sicherheit und Standort sie nicht kennen? Weil die App Ihnen einen Mehrwert wie z.B. sinnvolle Statistiken bietet. In den meisten Banking-Apps muss man heute noch händisch die einzelnen Ausgabenkategorien zuweisen.

KAPITALSTÄRKE NUTZEN

Trotz Ertragsdruck durch die Niedrigzinsphase, sind die meisten Institute noch gut kapitalisiert. Von bewussten Akquisitionen einzelner Mitarbeiter aus FinTechs hört man in der Branche noch sehr wenig. Dies lässt die Hypthesen zu, dass entweder die Banken diese Möglichkeit für frisches Know-How nicht nutzen, oder die bestehenden kulturellen Unterschiede zwischen dem arbeiten für ein Fin-Tech und dem arbeiten für eine Bank, noch unüberbrückbar sind. Beides bietet Chancen, durch klares Targeting relevante Personen zu identifizieren und gleichzeitig an der Kultur als Arbeitgeber zu arbeiten. Damit ist bewusst kein Employer-Branding-Projekt oder ein reine Maßnahme ala „Wir-nehmen-nun-die-Krawatten-ab“, sondern eine wirkliche Implementierung einer neuen Arbeitskultur gemeint (z.B. flexible Arbeitszeitgestaltung, Home-Office-Regelungen, freier Internetzugang am Arbeitsplatz). Neben dem Abwerben von Zielpersonen, bietet die Kapitalstärke ebenso die Möglichkeit für Beteiligung oder eigene Neugründungen (um bewusst dem Ökosystem Bank zu entkommen).

KOOPERATIONEN MIT FINTECHS

Auf der Produktlieferantenseite haben Banken seit Jahrzehnten Erfahrungen in der Kooperation mit anderen Unternehmen. Dieses Know-How lässt sich ebenso bei Fin-Techs nutzen und für sinnvolle Kooperationen einsetzen. Die Bank bleibt hierbei das Gesicht zum Kunden, kann aber gleichzeitig von dem technologischen Know-How des FinTechs profitieren, das FinTech wiederum bekommt durch z.B. Integration in das Online-Banking der Bank, einen sofort skalierenden Marktzugang.

Die aktuelle Marktsituation bietet Chancen und Herausforderungen für alle Teilnehmer zugleich, denn neben den FinTechs arbeiten u.a. Google, Apple, Facebook an entsprechenden Bankingslösungen, im Gegensatz zu den FinTechs haben diese Unternehmen bereits das wertvollste Asset – die Kunden.

Daher ist der beste Zeitpunkt zum Starten – jetzt! Ich helfe Ihnen gerne dabei.

Ihr

Jürgen Weimann

Lesen Sie auch:

Artikel: Bankfilialen – Beleben oder Beerdigen?

Artikel: Service Excellence – Seien Sie unkompliziert und überraschend.

Literatur:

PWC (2016) – How FinTech is shaping Financial Services. Online: Link. Abruf: 13.06.2016.

Bildquelle:

Artikelbild – https://unsplash.com/@irenpetrova

Überblick Fintechs – http://i1.wp.com/paymentandbanking.com/wp-content/uploads/2015/05/Bildschirmfoto-2016-04-20-um-17.29.28.png

Über den Autor: Prof. Dr. Jürgen Weimann

Dr. Jürgen Weimann ist einer der führenden Managementberater für Zukunftsfähigkeit durch wirkungsvolle Führung und kompromisslose Kundenzentrierung mit Schwerpunkt im Sparkassen Consulting & Bank Beratung.

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