200 Jahre Sparkasse – mehr Purpose geht nicht

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Viele Institute sind auf der Suche nach ihrem ganz persönlichen „Warum?“. Dabei wird Purpose oder Unternehmenszweck an verschiedenen Stellen als der Heilsbringer im Management propagiert. Sparkassen verfügen teils über eine über 200-jährige Geschichte. Da gibt es viel zu erzählen – doch nur die wenigsten tun es.

Seit über zwei Jahrhunderten ist die Sparkasse ein Eckpfeiler der Stabilität und Verlässlichkeit in der deutschen Finanzlandschaft. Ihre lange Geschichte spiegelt nicht nur die Entwicklung des Bankwesens wider, sondern auch den Wandel und die Herausforderungen der Gesellschaft. Sparkassen haben diverse Währungsreformen, zwei Weltkriege und unterschiedlichste Wirtschaftslagen miterlebt. Somit kann man an der Stelle sagen: Das Geschäftsmodell hat sich bisher als außerordentlich resilient gezeigt.

Natürlich wird sich die Geschichte einer Sparkasse nicht so einfach auch die nächsten 100 Jahre nach vorne schreiben lassen, wenn keine zukunftsweisenden Maßnahmen ergriffen werden. Kundenanforderungen steigen täglich und die technologischen Möglichkeiten ebenso. Daher sind Vorständinnen und Vorstände aufgerufen, Wege zu finden, wie das eigene Institut in die Zukunft geführt werden kann.

Dabei wird an verschiedenen Stellen in der Finanzbranche über den Unternehmenszweck und den Purpose diskutiert. Gleich vorweg: Ein klares „Warum?“ hilft nicht nur auf Organisationsebene, sondern stärkt ebenso die Gemeinschaft, weil es Orientierung gibt. Gleiches zeigt sich auf der Ebene des einzelnen Individuums; wer ein starkes Warum für sein Leben hat, kommt morgens leichter aus dem Bett. Auf der Suche nach diesem klaren Warum vergessen viele jedoch häufig die Historie der Sparkassen-Finanzgruppe. Hier können wertvolle Implikationen für die Purpose-Suche gefunden werden. Werfen wir daher einen Blick auf die Historie von Sparkassen, denn in ihrer Geschichte steckt das Potenzial für die Zukunft.

Die Bedeutung von Sparkassen, die weit über ihre Funktion als Finanzinstitute hinausgeht, wird bereits bei Betrachtung ihrer Gründungsgeschichte ersichtlich. Im Jahr 1749 wurde die erste öffentlich-rechtliche Sparkasse gegründet. Der Durchbruch der Sparkassenbewegung folgte im 19. Jahrhundert, als zahlreiche Sparkassen in verschiedenen deutschen Städten entstanden, getragen von lokalen Initiativen und teilweise auch staatlicher Förderung. Dies war eine Reaktion auf die Notwendigkeit, finanzielle Unterstützung für ärmere Bevölkerungsschichten bereitzustellen. So breitete sich das Sparkassenwesen ab den 1830er Jahren in Deutschland immer weiter aus. Eine bedeutende Entwicklung war die Gründung des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) im Jahr 1924, der bis heute als Dachverband für die deutschen Sparkassen fungiert und ihre Interessen vertritt. Im Jahr 1925 fand der erste Weltspartag statt. Bereits zum Zeitpunkt ihrer Gründung erfüllten die Sparkassen einen wichtigen gesellschaftlichen Auftrag, der sich bis heute gefestigt hat und hier in Auszügen dargestellt wird:

  • Regionalität: Sparkassen sind seit ihrer Gründung eng mit der jeweiligen Region verbunden. Sie entstanden oft als lokale Initiativen, um finanzielle Dienstleistungen für Menschen bereitzustellen, die keinen Zugang zu traditionellen Banken hatten. Diese enge Verbindung zu den Gemeinschaften hat sich über die Jahrzehnte hinweg verstärkt und ist ein wesentlicher Bestandteil der Identität und des Zwecks von Sparkassen.
  • Förderung von finanzieller Bildung und Inklusion: Sparkassen haben eine lange Tradition der finanziellen Bildung und Inklusion. Sie bieten nicht nur Bankdienstleistungen an, sondern auch Bildungsprogramme und Beratungsdienste, um Menschen dabei zu unterstützen, ihre finanzielle Zukunft zu planen und zu sichern.
  • Stabilität und Verlässlichkeit: Durch ihre langjährige Geschichte und Tradition verkörpern Sparkassen Stabilität und Verlässlichkeit. Sie haben bewiesen, dass sie auch in Zeiten wirtschaftlicher Turbulenzen und Krisen ihren Kunden und ihrer Region zur Seite stehen können.
  • Unterstützung der regionalen Wirtschaft: Sparkassen spielen eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung lokaler Wirtschaften und Unternehmen. Sie bieten nicht nur Finanzierungsmöglichkeiten, sondern auch Beratungsdienste und Networking-Events, um Unternehmen dabei zu helfen, zu wachsen und erfolgreich zu sein.
  • Spenden und Sponsoring: Mit fast 400 Millionen Euro hat die Sparkassen-Finanzgruppe im Jahr 2022 gemeinnützige Projekte unterstützt. Somit leisten Sparkassen einen wertvollen gesellschaftlichen Beitrag zur Förderung von Kunst, Kultur und Vereinsleben.

Anhand dieser Punkte erkennt man: insgesamt steckt in einer Sparkasse ein tiefer Sinn der Gemeinschaft, des Engagements und der Verlässlichkeit. In einer Zeit des Wandels und der Unsicherheit können die Sparkasse somit als Leuchttürme der Stabilität dienen – sowohl für die Gesellschaft als auch für ihre Mitarbeitenden. Doch häufig ist diese Stärke nur einem Teil der Mitarbeitenden und auch nur einem Bruchteil der Kunden überhaupt bekannt und transparent. Die PR und externe Kommunikationsarbeit wurde häufig aufgrund von Kostensenkungsprogrammen massiv zurückgefahren.

Es gilt daher, die zentralen Werte einer Sparkasse wieder stärker in das Zentrum der internen und externen Kommunikation zu stellen. Hierzu ein paar Ansatzpunkte:

  • Kommunikationskampagnen digital, social media, print: Durch informative Kampagnen nach außen tragen, wie Sparkassen durch ihre Dienstleistungen und Programme zur Förderung des Sparens, der finanziellen Bildung, der lokalen Wirtschaft und des gesellschaftlichen Zusammenhalts beitragen.
  • Fallstudien und Erfolgsgeschichten: Durch die Präsentation konkreter Beispiele und Erfolgsgeschichten kann veranschaulicht werden, wie Sparkassen Einzelpersonen, Familien, Unternehmen und Gemeinden unterstützen und positive Veränderungen bewirken. Am authentischsten gelingt dies mit Kundenberichten, Interviews oder Dokumentationen.
  • Veranstaltungen und lokale Initiativen: Durch die Organisation von Veranstaltungen, Workshops, Seminaren und anderen lokalen Initiativen können Sparkassen ihre Präsenz in der Gemeinschaft stärken und direkte Interaktionen mit den Menschen vor Ort ermöglichen. Diese Veranstaltungen können Themen wie finanzielle Bildung, Cyber-Security, Unternehmensgründung, nachhaltige Entwicklung oder kulturelle Förderung behandeln.

Auch innerhalb der Institute ist die Kommunikation der Bedeutung und des Sinns von Sparkassen von großer Relevanz. Hier zeigt sich immer wieder, dass manchmal selbst den eigenen Mitarbeitenden nicht bekannt ist, welche profunde Rolle das Institut für die Region spielt. Häufig gibt es nicht einmal eine Funktion, die für die interne Kommunikation verantwortlich ist. Gerade in einer digitalen Zeit braucht es hier Profis, die sich damit befassen, welche Formate zu welchen Zeitpunkten mit welchen Inhalten dafür sorgen, dass die Menschen wirkungsvoll informiert sind. Auch hierzu einige bedeutende Punkte:

  • Emotionale Kommunikation von Zielzuständen: Die Geschäftsstrategie löst keine Gänsehaut aus. Der Vorstand, der begeistert über die Zukunft spricht, die er gemeinsam mit seinem Führungsteam sieht, schon. Es gilt vor allem, die Herzen anzusprechen. Dies gelingt mit einem klaren und vom Führungsteam erarbeiteten „Warum?“, welches im Idealfall noch gut visualisiert wurde.
  • Mitarbeitende unternehmerisch fordern: Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen können motivierter sein, wenn sie verstehen, wie ihre Arbeit direkt zur Verwirklichung der Mission und Vision der Sparkassen beiträgt. Häufig ist dies jedoch nicht möglich, da die Menschen nicht wissen, wie die aktuellen Ergebnisse sind. Auch die Elemente der Banksteuerung sind für einen Großteil der Mitarbeitenden intransparent. Aus diesem Grund braucht es Übersetzungen, sodass die Mitarbeitenden verstehen, wie ihr Einsatz mit der GuV der Sparkasse zusammenhängt.
  • Storytelling: Hierbei geht es um die Kommunikation von inspirierenden Geschichten und Beispielen darüber, wie Sparkassen das Leben von Menschen positiv beeinflusst haben, intern wie extern. Dies können beispielsweise Erfolgsgeschichten von Kunden sein, die durch Sparkassenunterstützung finanzielle Ziele erreicht haben, oder auch von lokalen Initiativen und Projekten, die von der Sparkasse unterstützt wurden.
  • Moderne Kommunikationsformate: Rundschreiben oder E-Mails sind mögliche Kommunikationswege, gehören aber nicht mehr zu den modernen Formaten. Es gilt, einen smarten Mix aus schriftlichen, visuellen und auditiven Kommunikationsformaten zu finden. Videobotschaften und Podcasts sind hier die gängigsten Formate. Gleichzeitig gilt es, auch bei Veranstaltungen auf solche Events zu setzen, die nicht nur eine reine „Frontbeschallung“ einplanen. Hier gibt es bewährte Gruppenformate wie World-Cafe oder Lego Serious Play.

Wir erkennen: An Sinn mangelt es einer Sparkasse für gewöhnlich nicht, an guter Kommunikation leider noch viel zu häufig; einer Kommunikation, die den Weg für die nächsten 200 Jahre Sparkassengeschichte ebnet.

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Über den Autor: Prof. Dr. Jürgen Weimann

Dr. Jürgen Weimann ist einer der führenden Managementberater für Zukunftsfähigkeit durch wirkungsvolle Führung und kompromisslose Kundenzentrierung mit Schwerpunkt im Sparkassen Consulting & Bank Beratung.

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